17.084 Zuschauer
Ystad! Ich bin doch beim Heimspiel gegen Dortmund aus allen Wolken gefallen. Irgendeiner von den Kollegen meinte „Kommste mit am Dienstag gegen Union?“ „Hä? Zu Union? Wieso das denn, wer spielt denn da?“ „Na Karlsruhe Du Hirni! In der 2. Liga ist doch schon wieder Rückrunde.“ Mensch Mernicke, wie konnte das denn passieren? Wie konnte das an mir vorbeigehen? Da können wir mal wieder sehen, wie unmöglich uns der Arbeitsalltag in Beschlag nimmt und was für Folgen es hat mal ein paar Tage in Folge offline zu sein. Da könnte die Welt untergehen und wir machen immer so weiter wie immer. Junge nee! Aber zum Glück ist die Welt nicht untergegangen, sondern es gab kurz vor Weihnachten ein schönes Geschenk, mit dem ich gar nicht mehr gerechnet hatte. Ein KSC-Spiel! Geil.
Da das Spiel an einem Dienstag um 17:30 angepfiffen werden sollte, konnten die meisten Karlsruher natürlich nicht dabei sein. Es kann nur eine konsequente Forderung geben: Englische Wochen abschaffen! 300km Regel einführen bzw. einheitliche Anstoßzeiten an Sonnabenden und Sonntagen durchsetzen, die anderen Wochenspiele abschaffen und Punkt. Ich hatte Glück im Unglück, denn so gab es für Kurzentschlossene noch ausreichend Karten am Kassenhäuschen vor dem Gästeblock.
Mit Ach und Krach stürzte ich aus der Dienstbesprechung auf Arbeit um zum Treffpunkt zu hetzen. Ich staunte nicht schlecht, wer es da alles mit welcher Begründung auch immer geschafft hatte nachmittags um drei zu erscheinen. Zumal ja am nächsten Tag noch Frankfurt anstand. Aber nicht schlecht. Nach der Begrüßung der Karlsruher Bus-Fahrer ging es geschlossen Richtung Osten. Am Ostkreuz, das ja leider nicht mehr das gute alte „Rostkreuz“ ist, warf ein Haufen motivierter Unioner einen Bauzaun auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig um, verkrümelten sich dann aber wieder. Da war es also wieder, das in Fanzines so berühmtberüchtigte „Sich Zeigen“. Ohne weitere Vorkommnisse – na gut in Karlshorst haben wir GSB-Fliese in die überfüllte Bahn gezogen, was etwas kompliziert war – fuhren wir nach Köpenick und liefen im großen Bullenkessel durch die bekannten Wohngebiete bis zum Stadion. Alles normal, keine Aufreger. Einziger Wermutstropfen: Etliche Suffkutten am Start. s.U.
Im Block flaggte die Karlsruher Szene entlang der Wellenbrecher (so ein bescheuertes Stadionsicherheitswort) auf Höhe des Vorsängerpodestes und dahinter wurde alsbald angefeuert. Denkbar schlecht für die Stimmung war der scheiß Gegentreffer durch Quiring in der 1.Minute. Egal, es hat riesig Spaß gemacht mit unseren KSC-Freunden zusammen zu singen. Die schon oft gelobten melodischen Gesänge der Karlsruher sind doch mal eine willkommene Abwechslung zu unserem klassischen Liedgut (das ja auch nicht schlecht ist). Zumal in letzter Zeit wieder ein paar neue Lieder gedichtet wurden. Ätzend waren mal wieder, dass zu viele Herthaner den Mund nicht aufbekamen, aber auf dem Weg draußen grölten was das Zeug hielt.
Auf der Gegenseite wurde bereits vor dem Anpfiff fleißig die GNBW-Fahne geschwenkt. Ansonsten gab es keinerlei optische Auffälligkeiten, Aktionen oder irgendwas. Das war richtig schwach! Wenn es nicht mal wieder den ausgerufenen „Fahnentag“ auf der Waldseite gibt, scheint da kaum einer seine Fahne einzupacken. Schalparaden waren ebenso im Minus-Bereich. Akustisch kam auch nicht viel an, bis auf die Schlussphase nach dem 2:0. Die in Fanzines so berühmtberüchtigte „Bewegung“ war meistens nur auf das zentrale Zentrum der Ultras beschränkt. Alles in allem ein schwacher Auftritt vom Heimanhang. Klingt jetzt so als wäre es in einem Spielbericht in Köpenick Standard um zu pöbeln wie schlecht die Unioner sind usw. Aber ich meine das wirklich halbwegs neutral. Im Gästeblock war es phasenweise glaub ich ganz gut, insgesamt wäre aber mehr möglich gewesen, wenn noch mehr Herthaner im oberen Bereich des Blockes mitgemacht hätten. Das alte Lied.
Auf dem Platz hat der KSC verloren, unverdient wie ich finde. Eigentlich hätte das Spiel Unentschieden ausgehen müssen. Wenige Torchancen reichten Union für zwei Tore. Naja, es wäre schön gewesen wenn, aber so war‘s nun mal nicht.
So schön es im Block war, so ätzend wurde es auf der Straße. Der Suffkuttenpöbel war heute dermaßen anstrengend, dass einem fast die Hutschnur geplatzt wäre. Jeder zweite stimmte irgendetwas Beklopptes an. Ein total unangenehmes Quodlibet. Sobald ein Unionfan mit Schal in ner Straßenbahn zu sehen war sangen sie „Du siehst aus wie ein Idiot“ und sone Schoten. Wie schon gesagt, im Stadion standen sie blöde rum, draußen kreisten sie aus. Als irgendwelche Hängengebliebenen „Asylanten“ riefen, wurde GSB-Luke mal direkt ernst. Richtig so. GSB-Mike und ich waren uns einig, dass der Kuttenmob heute noch zu allem fähig sein würde, auch wenn das ursprünglich als Scherz gemeint war.
Die Bullentaktik ist auch nicht aufgegangen. Da haben die wirklich jeden einzelnen Hauseingang auf der Strecke abgesichert, aber im Bahnhof Köpenick ist das Bistro geöffnet und Union-Kutten mit Bierflaschen in der Hand stehen bei unserer Ankunft bereit. Kutten trafen auf Kutten und plötzlich flogen etliche Flachen aus der Kneipe in den Herthamob und es knallte kurz aber heftig mit den Bullen. Die waren nun immer planloser und drückten einen Teil der Leute zwischen zwei Bulleneinheiten zusammen. Akute Quetsch und Panikgefahr. So etwas Bescheuertes auf engem Raum habe ich auch noch nicht erlebt. Auf der einen Seite schubsen und schieben sie Dich in die Arme der zweiten Einheit, die Dir auf der anderen Seite drohend sagt „hier geht es nicht weiter, hier kommt Ihr nicht lang, zurück!“ Nach ein paar Minuten Gequetsche reichten es dann offenbar einigen Bullen der zweiten Einheit. Zwei schlugen sich durch die Leute mit den Worten „lasst uns durch, wir sagen jetzt Bescheid, sonst kommen wir hier ja nie weg“. Unfassbar. So eine schlechte Kommunikation und Planung des Polizeieinsatzes. Nur Amateure! Die Zivis bewiesen ein weiteres Mal ihre Nutzlosigkeit, in dem sie blöd daneben standen. Nun ja. Wir warteten noch ne gute Stunde auf die Freilassung der Festgenommenen, bis es mit der S-Bahn wieder westwärts ging.
Fazit: Es war schön, aber auch nervig. Viele Grüße an den besten Wessi-Mob.
KBK’14