„Fans in die Fanprojekte – Bullen raus!“ – Ein Kommentar zum Spruchband

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Eines vorweg: Die Motivation für unser Spruchband und diesen Text liegt nicht darin begründet, dass es zu Stuttgart eine Rivalität und zu Karlsruhe die große Freundschaft gibt. Bei solchen wichtigen fanpolitischen Themen stehen aus unserer Sicht Rivalitäten hintenan.

Ausgangspunkt der Debatte war – wie die meisten mitbekommen haben – eine mehr als fragwürdige Aktion der Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Diese hatte Mitarbeitende des Fanprojektes Karlsruhe vorgeladen, um in einem Ermittlungsverfahren gegen Fußballfans auszusagen. Das Vorgehen ist gelinde gesagt ein Skandal in Fußball-Deutschland. Die jahrzehntelange Arbeit der sozialpädagogischen Fanprojekte wird auf diese Weise mit Füßen getreten. Die Empfehlungen des Nationalen Konzeptes Sport und Sicherheit (NKSS) werden ignoriert und das mühselig aufgebaute Vertrauen zwischen Fans und Fanprojekten hängt am seidenen Faden. Und das Deutschland weit!

Bestes Beispiel dafür ist eine Aktion des Commando Cannstatt ’97 aus Stuttgart. Auch in der Neckarstadt äußerte man sich zu den Vorkommnissen in Karlsruhe. Allerdings nicht so wie in den meisten Szenen, die sich hinter die Fanprojekte stellten und ein Zeugnisverweigerungsrecht für den ganzen Bereich der Sozialen Arbeit forderten. Die Stuttgarter Ultras stattdessen sahen ihre Sichtweise bestätigt, die sie schon 2017 zu Papier brachten: „Ultras raus aus Fanprojekten!“

Stuttgart sieht eine große Gefahr darin, dass die Fanprojekte der Bewegung schaden und im Falle des Falles gegen Ultras und Fans aussagen werden. Für das CC’97 gibt es nur die Lösung, als „Ultrasgruppe das Fanprojekt zu meiden um gar nicht erst in die Gefahr zu kommen, dass Informationen über uns, unsere Strukturen, unser Handeln und unsere Denkweisen schlussendlich über Fanprojektmitarbeiter, die zu einer Aussage gezwungen werden, an den völlig falschen Stellen landen.“

Es ist völlig okay, wenn Fan- oder Ultrasgruppen eigene Entscheidungen fällen. Was wir kritisch finden, ist die Darstellung der Fanprojekt Arbeit. Sie wird in der Darstellung der Stuttgarter Ultras komplett zusammengekürzt. Wir denken es geht nicht um Selbstorganisation von Gruppen (Stichwort „Do it yourself Mentalität“). Es wird doch niemand gezwungen auf Fanprojekte zurückzugreifen, wenn es etwa um eigene Räumlichkeiten oder den inneren Aufbau einer Gruppe geht. Niemand muss vor den Ohren der Fanprojekte reden, wenn er das nicht will. Das dürften auch die wenigsten Gruppen so handhaben.

Unabhängig davon wollen wir an dieser Stelle betonen, was wir den Fanprojekten zu verdanken haben. Sei es hier in Berlin, sei es in Karlsruhe (beides Standorte mit enorm wichtigem Engagement über Jahrzehnte!), sei es an so vielen anderen Orten in Deutschland. Die Entwicklung der Fankultur, ist ohne den Rahmen, den die Fanprojekte boten, nicht vorstellbar. Die ausgezeichnete Sozial- und Bildungsarbeit, möchten wir nicht missen. Die vielen Vermittlungsbemühungen in alle Richtungen (Vereine, Verbände, Medien, Bullen). Wenn wir nicht wollten oder konnten, haben sie es gemacht. Wie oft haben die Fanprojekte für uns Fans gesprochen!? Wie oft haben sie sich etwa beim Thema Stadionverbote oder Strafen für uns Fans eingebracht!? Dass der Fandialog auf Bundesebene gescheitert ist, lag mit Sicherheit nicht an den Bemühungen der Fanprojekte.

Wir möchten an dieser Stelle insbesondere an unser Fanprojekt hier in Berlin ein großes Dankeschön aussprechen. In Kombination mit der Fanbetreuung habt Ihr mit uns und wir mit Euch soviel Wichtiges zusammen erlebt und gestaltet. Das möchten wir einfach nicht missen.
Stuttgart hat recht, wir brauchen dringlich ein Zeugnisverweigerungsrecht. Aber Stuttgart liegt völlig daneben, wenn sie deshalb die Fanprojekte an den Pranger stellen und dazu aufrufen ihnen den Rücken zuzukehren. Daher unsere Antwort auf die Debatte:

„Fans in die Fanprojekte – Bullen raus!“

Gruppa Süd Berlin, Mai 2023