Der 12. Mai steht an und damit wieder einmal der internationale ME/CFS-Tag. Der Tag, an dem Betroffene, Angehörige, Aktivisten, Mediziner und Pflegepersonal auf eine leider weit verbreitete Krankheit aufmerksam machen, die dennoch wenig bekannt ist.
Wir, Herthafans von der Gruppa Süd Berlin, versuchen seit Jahren auch in den Fußballstadien das Thema öffentlichkeitswirksam anzusprechen. Die Rückmeldungen aus Kreisen der Betroffenen bestärken uns darin diese Unterstützung auch weiter zu bieten. Tausende Menschen lesen Spruchbänder im Stadion. Umso schöner ist es mitzubekommen, dass sich auch andere Fans bei diesem Thema engagieren. Darunter namhafte Kurven wie Frankfurt (2019) und Nürnberg (2023). Gern mehr davon!
Wir haben unsere diesjährige Aktion unter das Motto „ME/CFS Betroffene – wir kämpfen für Euch“ gestellt, um zu verdeutlichen, dass es nicht die Betroffenen selbst sein dürfen, die für ihre Rechte kämpfen. Besonders viele Kranke mit ME/CFS im schwersten Stadium kämpfen Tag und Nacht um ihr Leben. Sie kämpfen mit Schmerzen, mit schlimmer Übelkeit, sie liegen in ihren abgedunkelten Räumen mit Kopfhörern auf dem Kopf. Jeder Bissen vom Brot ist eine Qual. Sie wissen nicht mehr wie sie liegen sollen, da trotz stündlichem Umlagern einfach alles weht tut. Mit anderen Worten: Die Patient*innen kämpfen längst. Mehr dürfen wir nicht von ihnen erwarten. Ihr Kampf ist hart genug.
Das Schicksal der ME-Patient*innen ist leider keine einmalige Sache in unserem Sozialstaat. Permanent müssen Betroffene für ihre Belange kämpfen. Seien es Widersprüche bei den Krankenkassen, bei Pflegemitteln, Medikamenten, oder Rentenanträgen. Als wäre die Lage nicht schon schlimm genug.
Daher wird es Zeit, dass wir den Kampf an ihrer Stelle kämpfen. Den Kampf um Anerkennung, Versorgung, Forschung. An diesen Stellen können wir tätig werden. Sie können sich nicht selbst aus dem Sumpf ziehen. Sie haben genug gekämpft, sie geben alles. Jetzt sind wir dran. Zum Beispiel am 12. Mai. In diesem Jahr findet genau unter dem ausgeführten Gedanken eine besondere Demonstration in Berlin statt. Mit einer „Liegenddemo“, wollen gerade die Angehörigen von ME/CFS-Kranken deutlich machen, dass sie stellvertretend für ihre Betroffenen vor Ort sind. Eben weil viele ME/CFS-Kranke gar nicht mehr in der Lage sind auf eine Demo zu kommen, nicht wenige kommen gar nicht aus dem Haus. (Jeder vierte an ME/CFS erkrankte Mensch kann seine Wohnung nicht verlassen.) So werden viele Angehörige für ihre Familienmitglieder und Freund*innen am Freitag für 15min vor dem Reichstag liegen. Das werden sicher eindrucksvolle, aber auch bedrückend realistische Bilder.
Wir rufen alle Menschen dazu auf, an dieser Demo teilzunehmen. Alle, die etwas Solidarität zeigen wollen, sind dort gern gesehen. Hertha-Fans, die es nicht zum Abstiegskrimi nach Köln schaffen, sind ebenfalls sehr willkommen. Jede teilnehmende Person zählt!
Hier die Eckdaten: Freitag, den 12. Mai 2023, 15:30 bis 18:30 Uhr, Platz der Republik / Reichstagswiese
Bei der Veröffentlichung des Programmes wurde deutlich, dass neben Betroffenen (via Zoom-Meeting), ME-Hilfe und Mediziner*innen auch Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU zu Wort kommen werden. Dazu sei gesagt, dass die Veranstaltung keine parteipolitische Demo ist. Dass allerdings Politiker*innen sich mit dem Thema beschäftigen, ist seit vielen Jahren eine Forderung der Betroffenen. Dass sie anwesend sind und Reden halten ist also grundsätzlich positiv zu bewerten, auch wenn man diese Parteien nicht wählt. Ohne Fürsprache kommen wir gerade im politischen Bereich nicht weiter.
Zwischendurch sah es aus, als würde durch die Überschneidungen mit „Long Covid“ auch mehr Aufmerksamkeit beim Thema ME/CFS geben. Immerhin gibt es Schätzungen, dass durch Long Covid auch noch mehr ME/CFS Erkrankungen folgen werden. Gefühlt lässt die öffentliche Debatte aber schon wieder nach. Dabei bleibt zum Beispiel eine Sendung von Eckhart von Hirschhausen zur besten Sendezeit um 20:15 im Ersten in Erinnerung. Da war auch die mutmachende Geschichte von Faraz Fallahi, die viele gelesen haben. (Geplant ist, dass er auch bei der Demo per Zoom dabei ist.) Allerdings gab es auch hier kein Auffangnetz, das dem ME/CFS-Erkrankten half, sondern die besonders aufopferungsvolle Begleitung der Medizinerin Dr. Anna Brock, die für die Krankheit sensibilisiert und qualifiziert ist. Das ist leider immer noch ein Grundproblem: Viel zu viele Ärzt*innen sind weder mit dem Krankheitsbild und möglichen Therapieansätzen vertraut, noch achten sie in der Behandlung auf die Symptome der Patient*innen.
Damit steckt der Prozess zur Unterstützung der ME/CFS-Erkrankten leider weiter fest. Da betont Frau Prof. Dr. Scheibenbogen von der Charité weiter gefühlt jede Woche in den verschiedensten Medien sehr qualifiziert, wie ernst die Lage ist und was zu tun wäre. Doch gegen die weitverbreitete Ignoranz hilft es noch wenig. Währenddessen spitzt sich die Lage für viele Patient*innen dramatisch zu. Trauer und Wut kommen auf bei jeder blauen Rose, die in den Netzwerken der ME/CFS-Erkrankten und Angehörigen gepostet wird. Jede blaue Rose steht für einen Menschen, der an der Erkrankung oder den unmittelbaren Folgen gestorben ist. In letzter Zeit gab es diese blauen Rosen so oft. Das macht einfach sprachlos.
Ein Grund jetzt nachzulassen ist das allerdings nicht. Gerade jetzt braucht es die geschlossene Unterstützung aller, die für die ME/CFS-Erkrankten kämpfen. Wir können denen eine Stimme geben, die sich nicht äußern können. Sie leben noch. Schenken wir ihnen Hoffnung!
ME/CFS Betroffene – wir kämpfen für Euch!
Gruppa Süd Berlin, Mai 2023
Wer noch nicht mit der Thematik vertraut ist, der findet hier wichtige Informationen:
Ganz herzlichen Dank, ich bin sehr gerührt über diese tolle Unterstützung.
Von ganzem Herzen ❤️ ein großes Dankeschön an euch alle !!!
Meine Tochter und ich sind schwerst und schwer betroffen. Wir kommen nur aus der Wohnung, wenn wir als Notfall ins Krankenhaus müssen.
Es tut so gut zu sehen und zu lesen, wie ihr euch für uns einsetzt.
Ihr Lieben,
ganz herzlichen Dank für euer großartiges Engagement!!! Ihr habt den Nagel auf den Kopf getroffen. Jede Hilfe zählt und trägt zum Erreichen der gesetzten Ziele bei.
Danke, danke, danke!!!
Viele liebe Grüße und weiter so!
Susann Küttner