SG Eintracht Frankfurt – Hertha BSC 1:1

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Zuschauer: 46.000

Frankfurt away – zyklische Öken in Darmstadt

Auswärts bei der Eintracht, Sonntag, 15:30. Was liegt da näher, als sich am Samstag um 5:20 am Berliner Hauptbahnhof einzufinden (und damit, man kann es kaum fassen, noch früher loszufahren als noch vor einigen Tagen, als es ins deutlich weiter entfernte Wolfsburg ging)?

Wuschner (Name von der Redaktion geändert) hatte schon vor einiger Zeit seine Seele verkauft (wieder einmal, nachdem er zuvor schon bei Alba Berlin für mehrere Monate den mittlerweile abgeschafften Albaspross spielen durfte), und heuerte mittlerweile beim SV Darmstadt an – dort konnte er unserer Meinung nach (und damit ganz in der Tradition der von der Gruppa verbreiteten Job-Klischees) allenfalls das Moos vom alten Böllenfalltor kratzen oder den Spucknapf in der Kabine leeren. Aber um sich nun doch mal davon zu überzeugen, wie Wuschner in Darmstadt lebt und schafft, sind Lady-Luke und ich entsprechend früh in einen ICE nach Frankfurt gestiegen.

Die Fahrt verlief, wie solche Fahrten eigentlich immer verlaufen: In Ermangelung an qualitativ hochwertigen Gesprächsthemen über Spandau hinaus, wird alsbald die Öke rausgeholt und das Trinken begonnen. Dunkeldeutschland zog an uns vorbei und mit Passieren der nicht mehr vorhandenen Grenze war es auf einmal hell (ein Phänomen, das bis heute nicht erklärt werden kann) und wir konnten neben Futschi nun auch die herrliche Landschaft, benetzt von leichtem Morgentau, genießen. Der Großteil der Gruppa-Lads zog vor, sich dieses Schauspiel entgehen zu lassen und auszuschlafen. Trotz der Richness sind wir ja eher für möglichst geringen Einsatz bekannt, sodass alsbald die Frage aufkam, wer von diesen Taugenichtsen wohl als erstes in der Lage wäre, ein Bild von sich vor gedecktem Frühstückstisch zu schicken. Da in dieser Kapitalistentruppe gar nichts mehr ohne Belohnung funktioniert, wurde die beliebte Gruppa-Überraschung der letzten Fahrt als Gewinn ausgelotet und schon empfingen wir die ersten Bilder. Schnell war klar, dass Feliy und Marn gut gemachte aber dennoch erkennbare Fälschungen zum Gewinn der Toffifee-Packung nutzen wollten – die Untersuchung von Schenkelgröße und Zeitstempel lieferten aber bald Gewissheit und beiden fast eine Disqualifikation. Mir wäre es nur recht gewesen, hatte Luke doch Feliy (neben Sauerland und Schoko) auf seiner Liste zu stehen – mein einziger Joker Wuschner hat sich nicht beteiligt und die Wahl auf Was-für-unten-rum-Flo und Komakellen-Schubert stellte sich bald als Griff ins Klo heraus. Schlussendlich machte ausgerechnet die Flöte Marn das Rennen, dem hier noch eine Packung Toffifee versprochen wird.

Dass die zweite Flasche alsbald geöffnet wurde und mir schon bald die Schweißperlen ob des Nachschubs auf der Stirn standen, soll genauso wenig unerwähnt bleiben, wie die Tatsache, dass mit steigendem Alkoholkonsum die Französischkenntnisse der Mitglieder für gewöhnlich ins Unendliche steigen. Unvergessen ist der viel zitierte Tour Eiffel dans mon pantalon – ich hingegen konnte kurz vor Ankunft in Frankfurt mit einer Simultan-Übersetzung von Oscar Wilde die umsitzenden und zum Teil längst angewiderten Mitfahrer beeindrucken.

Zum Schweiß-Trocknen wurde in Darmstadt zunächst einmal der Nachschub organisiert (in meinen Notizen heißt es dazu: „Rewe ne Öke“), ehe uns Wuschner mit einer futuristischen Leasing-Karre des SVD zunächst mehrfach in den Tod und später durch den berühmt berüchtigten Tunnel fuhr.
Während des kurzen Zwischenstopps in seiner „Wohnung“ war ich froh, durch den Alkohol längst betäubt zu sein – diese Crackhöhle von Haus hätte gut und gerne der Drehort von Saw 12 sein können. Seine Mitbewohner sind offensichtlich an abwechselnden Abenden so besoffen, dass sie sich an jeweils nichts mehr erinnern oder sind verdammt heiße Täubchen, die sich allen und jedem zur Begrüßung erstmal nur im Handtuch präsentieren (na immerhin – oh la paloma blanca!). Und ja, Jan Sauerland war natürlich nicht da. Der hatte am Vortag wohl zu viel geschmissen und war noch immer nicht wach. Ijot!

Wuschner hatte wie üblich für Programm gesorgt: Ankunft am Böllenfalltor mit Zaunsturm und Schweinebammel am Wellenbrecher, danach kleiner Plausch und Foto mit Peter Niemeyer, der sichtlich erfreut war und stolz von seinem 2:4 in Frankfurt erzählt hat und schließlich ein Interview mit dem mürrisch gelaunten Sandro Wagner (der, wie wir mittlerweise wissen, trifft wann er will). Da konnte man kurz glauben, dass Wuschner ne ganz große Nummer beim SVD ist – wie er mit all den Spielern feixt und hier und da Handshakes verteilt – aber dann war da sein Büro, das nicht mal mehr als Legebatterie getaugt hätte und die Tatsache, dass wir mit der krüppeligen Tram und nicht mit dem futuristischen Auto zurück zum Hauptbahnhof („Rewe noch ne Öke“) und dann mit dem Zug mit der Schickeria über Mainz nach Wiesbaden mussten.
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Die Art und Weise, wie wir uns dem Wiesbadener Stadion, das den Namen eines Wasserfilterherstellers trägt, näherten, ließen Erinnerungen an den nie gelösten Orientierungskonflikt aus Pisa in mir aufsteigen – pünktlich zur 10. Spielminute waren wir drin – das Öken-Verstauen war dank Wuschners Lokalprominenz auch gar kein Problem. Zum Spiel (gegen Rostock, falls das wichtig ist) fanden sich etwa 3000 Zuschauer ein – darunter 15 völlig überforderte Ultras der Gruppe Surpremus Dilettanti und etwa 600 lautstarke Rostocker, die ziemlich gut durchsupportet haben, und das obwohl ihr Team ab der 40. unberechtigterweise zu zehnt nach gelb-rot und berechtigterweise nach 89 Minuten nur noch zu neunt (glatt rot) spielte – da ist ein 0:0 dann aber auch was wert. Unterhaltsamer als das Spiel war das Stadionmagazin, das für alle kommenden Gegner entsprechende Artikel vorweisen konnte. Diese stehen der Unsinnigkeit dieses Berichts in nichts nach und beginnen für Fortuna Köln z. B. mit den Worten „Intergalaktische Raumschlachten, spektakuläre Laserschwertkämpfe, legendäre Charaktere…“ – schließlich wird dem Gegner gewünscht, „die Macht möge diesmal nicht mit ihnen sein“, wenn es um das „Kreuzen der sportlichen Laserschwert-Klingen“ geht… naja, warum auch nicht, da fällt dann die Brücke zum Stuttgarter Feuerwehrmuseum auch nicht auf, wenn es darum geht, die Kickers als Gegner vorzustellen.

Nach Entgegennahme der Öke und krassen KSC-Grafs ging es zurück nach Darmstadt: Dass auf der Pizza Vegetaria Speziale Pilze sind, damit hätte man irgendwie rechnen können, na egal – auf der schönsten Sonnenterrasse Darmstadts schmeckte die trotzdem, sodass die Abendplanung angegangen werden konnte. Nach 15 Stunden Dauer-Futschi war auch irgendwann egal, ob wir in die Proletenabsteige A5 oder in den Hipsterschuppen Weststadtcafé gehen würden – die Crack-WG füllte sich unabhängig davon ganz gut, Mädels (und das konnte Lady-Luke ganz genau sehen und noch genauer riechen) synchronisierten auf Klo ihre Menstruationszyklen und so hingen wir noch ewig bei Pfeffi und Futschi und Musik und dem Gestank aus dem Kühlschrank auf der einzigen Sitzgelegenheit in der Wohnung, ehe der Wanderausflug – Kategorie anspruchsvoll – zum Weststadtcafé begann. Wie von mir nicht anders prophezeit war es mäßig – die bis hier hin sehr lange Anfahrt machte sich bei Luke und mir langsam bemerkbar – nur Wuschner, der zwischenzeitlich auf Wasser umgestiegen war, war einigermaßen fit. Egal, den Terpentin-Libre hab ich nicht mehr runter bekommen und wir sind für fast zehn Euro (ja, kann man ja mal laufen) mit dem Taxi zurück zu Wuschner und dem dort ansässigen Burger King. Luke scheint stark gelitten zu haben in der Nacht – jedenfalls war er am nächsten Tag nicht mehr für Futschi zu haben, stattdessen gab es königliches Frühstück.

Dass Wuschner nach dem verkorksten Weg zur Wiesbadener Arena nun auch noch die Anfahrt nach Frankfurt verkackt hat, war wohl dem Suff zu verdanken – da hätte man drauf kommen können, als er am Vorabend mit glasigen Augen wild durcheinander Abfahrtszeiten rezitierte. Egal – der Eurocity hat es auch gemacht. Vor Ort natürlich das große Schwitzen: Wenn Jakob zwar auch vor jedem Auswärtsspiel warnt, und sei es bei Germania Schöneiche, man solle doch aufpassen, so ist der Hinweis in Frankfurt wohl wirklich mal angebracht. Derjenige, bei dem eine Auswärtsfahne um den Bauch am wenigsten auffällt, transportierte dieselbige dann mit stoischer Ruhe durch die Hardcore-Hooligan-Mobs, die in Frankfurt an jeder Ecke standen. Wuschner hatte sich zwischenzeitlich zurückfallen lassen, um nicht zu sehr aufzufallen – ich glaube ein Schild, das uns als Berliner mit Auswärtsfahne im Gepäck ausweist, hätte uns nicht auffälliger gemacht.

Mal kurz zum Spiel: 1:1. Alle einigermaßen zufrieden.

Die Fahne blieb bei Cody, wir konnten zügig den Rückweg antreten und schon kurz nach 6 den ICE nach Berlin betreten – anders als die Hinfahrt, wurde die Rückfahrt ohne Alkohol angegangen, dafür aber mit ähnlich viel dünnem Gelaber… falls es demnächst im Appstore eine iWank-App gibt, wisst ihr warum.