Atalanta Bergamo – Hertha BSC 3:2 (Testspiel)

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Zuschauer: 7.398 (Quelle: Ludi)

Wie auch schon vor 2 Jahren dachte sich unsere Vereinsführung kurzfristig für den Sommer ein internationales Testspiel aus. Vor 2 Jahren noch AZ Alkmaar und heute schon der italienische Erstligist Atalanta Bergamo. Doch die Kurzfristigkeit die man bei Herthas Testspielplanung an den Tag setzte, sorgte dafür, dass es uns wieder einmal verwehrt bleiben sollte mit einem Großaufgebot an Fans anzureisen. Auch ein kurzer Blick in den Terminkalender der Gruppa ließ die Anzahl an potentiellen Mitfahrern schlagartig sinken. Mau wurde mal wieder seinem unbändigen Allesfahrer-Ruf gerecht und meldete sich schnellstmöglich beim Bus an. Da ich die Vorzüge des öffentlichen Dienstes mein Eigen nennen darf, ich bereits seit 2 Wochen im Urlaub war und eigentlich nur auf die Gelegenheit wartete, die nächste Spontanreise anzutreten, war für mich ziemlich schnell klar, dass eine Busreise von über 16 Stunden hin und zurück überhaupt nicht in Frage kam. Wozu hat man denn seine 6 Wochen Sommerpause? Wie es der Zufall wollte, war auch mein alter Herr zum selben Zeitraum am Gardasee und so nahm ich mir ein paar Tage vor dem Spiel schon einen der irischen Billigflieger um das schöne Italien zu erkunden. Es zog mich ja schon öfter hierher…ob mit meinen Eltern im Holland-Style mit Camper oder zur Oberstufenexkursion des Lateinkurses nach Rom. Aber in Verbindung mit Fußball ist diese Tour meine Jungfernfahrt gewesen und sie sollte mir noch eine Weile im Kopf bleiben.

Mittwoch früh um 3 Uhr klingelt der Wecker. Ich habe kaum geschlafen und mein Magen plagte mich mit der Abwesenheit von Appetit und und nilpferdähnlichem Magengrummeln. War das etwa Aufregung? Oder die Kartoffelpuffer von letzter Nacht? Der fehlende Hunger und meine Unruhe ließen mich dann ziemlich früh am Flughafen ankommen und 1h vor Öffnung des Gates im Boardingbereich abchillen. Mal eben für 10 € noch das Frühstück nachgeholt und dann in den Flieger. Etwas Lesestoff und ein kurzes Nickerchen später fand ich mich dann auch schon in Bergamo wieder. Was für ein Wetter! Ich spürte jede einzelne Pore an meinem Körper nach Kälte schreien und innerhalb von Sekunden war ich an den unpassendsten Stellen komplett durchnässt.
Mein alter Herr hatte es vorgezogen dem Wasser so nah wie möglich zu sein und so durfte ich für raffinierte 1,50€ Bearbeitungsgebühr noch mit in die Strandhütte und 3 Tage bei strahlendem Sonnenschein und Surfbrettern meinen Urlaub genießen. Samstagmorgen, nachdem wir uns abends noch auf dem Campingplatz von zwei Holländern im Käfigfußball haben abziehen lassen, machte sich ein hartnäckiger Muskelkater bemerkbar. Immer wenn man gegen Kinder verliert -.-

In der Bahn nach Bergamo erreichte mich dann die Schocknachricht.. Mau hatte es nicht zur Abfahrt der Busse geschafft und musste deshalb leider samt Fahne zuhause bleiben. Sehr bitter so etwas. Doch die nächste Nachricht sollte die vorherige dann noch in den Schatten stellen. Es war bereits 13 Uhr und die Ankunft der Busse war ca. 15 Uhr geplant. Treffpunkt am Hauptbahnhof und dann gemeinsam zum Stadion? An dieser Stelle ein großes Dankeschön an die österreichischen Bullen: (Sarkasmus an) Danke für unzählige Staustunden und natürlich längst überflüssige, in die Länge gezogene Grenzkontrollen. Jeder Mensch ist Illegal und warum wir nicht schon seit Jahren in wochenendliche Durchsuchungen an Ländergrenzen verwickelt werden, ist mir unerklärlich (Sarkasmus aus). Dank der massiven Verspätung hatte sich dann der gemeinsame Treffpunkt auch erledigt. Die Polizia zog es vor, die Busse direkt ins Stadion zu eskortieren und uns Einzelpersonen unserem Schicksal in der Stadt zu überlassen.

Jetzt lief das Telefon langsam heiß. Alleine zum Stadion fahren? Unauffällig war ich nicht gerade unterwegs…Blau-weiße New Balance, Polohemd und Carhartt-Shorts. Dazu die Eastpack-Tasche und ich kam mir vor wie ein Papagei unter Wellensittichen. Mit 30 Grad im Schatten und 1000°C im Handy wurden dann aber die restlichen Verstreuten ausfindig gemacht und versucht eine gemeinsame Anreise zum Stadion zu organisieren. Dass wir jetzt aber wie ein Haufen Papageien durch die Straßen gingen, schien irgendwie nicht vielen aufzufallen. Wollte ich noch mit Taxi zum Stadion, wurde kurzer Hand demokratisch entschieden den Linienbus zu nehmen und eine Station früher auszusteigen…mit 8 Personen…was sich im Nachhinein als die schlechteste Entscheidung der gesamten Unternehmung herausstellte. Nun ist ja sicherlich jedem bekannt, dass man in Italien nicht auf irgendwelche Ultrakulturen stößt, sondern auf Gruppen, deren Geschichte weit hinter unserer zurückreicht. Dass hier an jeder Ecke Leute stehen, die sich umgucken und Leute die nicht hier her gehören schnell herausfiltern sollte klar sein. Und da sind 8 Berlinos sehr schnell ausfindig gemacht… So durften wir uns also freuen, als wir eine Station vor dem Stadion von 20 sportlichen Leuten von Bergamo begrüßt wurden. Bus hält an- 50 Meter vor und prompt läuft ein dunkelblauer Pulk auf den Bus zu – wir wurden gespottet – scheiße. Ein Jaulen aus Pfiffen und „EY!“ schallte hinter uns her, bis wir hinter einer Ecke dann beschließen mussten die Beine in die Hand zu nehmen. Niemand von uns war scharf drauf in Unterzahl auf offener Straße auf die Fresse zu bekommen und möglicherweise noch Material zu verlieren. Die Polizia wird sich gefreut haben, denn in unserem Tempo übersahen wir eine breite Straßensperre und rasten mit Vollem Tempo in eine Gruppe verwirrter Behelmter Cops. Dank der Unruhe zogen gleich alle den Knüppel und mein Fuß machte Bekanntschaft mit der Wucht einer herumfliegenden Straßensperre. SCHEISSE! Immer der gleiche Fuß. Hat das in Antalya nicht gereicht sich das Sprunggelenk zu brechen? Auch wenn der Schock mich erst nichts spüren ließ, war dann doch meine halbe Ferse offen und ich durfte mich von den netten Damen des roten Kreuzes behandeln lassen. Dank des Verbandes konnte ich meinen Fuß kaum bewegen und ich schwelgte mit dem ein oder anderen in Erinnerungen an meinen Türkeiurlaub mit Ba(i)nbrechendem Erlebnis.

Mit unserer Ankunft am Gästeblock machten sich auch ein paar angereiste Freunde aus FFM bemerkbar. Da kommt man sich glatt wie im Zoo vor, wenn so ein paar Halbstarke hinter einem 3 Meter hohen Stahlzaun und einer Kette von 15 Cops samt Schutzschild, einen auf ganz groß machen. „Kommt doch rüber! Na los! Traut euch!“, drang es in Begleitung der berühmten Halsabschneidergeste von der anderen Straßenecke zu uns rüber. Janz großet Kino..

Im Stadion ließ sich schnell Feststellen, dass der Gästeblock heute wohl nicht ganz gefüllt werden würde und sich jedem genügend Beinfreiheit bieten solle. Sehr grob überschätzt schafften es heute 400 Herthanerinnen und Herthaner nach Bergamo, was in Anbetracht der Kurzfristigkeit eigentlich okay ist. Betrachtet man aber andere Vereine, darf man sich als Verein langsam mal die Frage stellen, warum man solche Spiele nicht früher terminiert um möglichst vielen Fans diese Reise schmackhaft zu machen.. Wie geil wäre das gewesen mit 1000 Herthaner*innen den Block zum Beben zu bringen und mal ein paar nette Grüße nach FFM zu schmettern. Der Supportzirkus der dann veranstaltet wurde, trug dann jedoch zur allgemeinen Belustigung bei und so fand man sich beim Elfmeter gegen Jarstein dabei wieder, wie alle ihre Schuhe im Block ausziehen und zur Melodie von „Sie hatte nur noch Schuhe an“ gesungen wurde. Getoppt wurde das nur von einer Horde wild gewordener jungscher Atalanta Fans, die sich gegen Ende des Spiels alle an einem Tor versammelten um aufs Spielfeld zu kommen. 400 – 500 kleine Kinder mit blauen T-Shirts, die darauf warten ihre Vorbilder zu feiern und so nah wie möglich an ihnen dran zu sein. Da läuft auf jeden Fall im Punkt Jugendarbeit vieles richtig.

PP*18

PS: Italienurlaub nur mit Laufschuhen