Zuschauer: 18.454 im Friedrich-Ludwig-Jahnsportpark (ausverkauft)
(28. Juli 2016)
Wie hat der Union-Fan im Regio 2001 gesungen? „Europapokal, Europapokal, Europapokal – Europakuuuhup“. Und jetzt nach den letzten Jahren in der Versenkung stehen wir wieder auf der internationalen Bühne.
Meiner Meinung nach nicht verdient, wenn der Rest der Saison 2015/16 ins Auge der Betrachtenden fällt, aber egal. Wer schon mal wegen des „Fairplay-Pokals“ im Europapokal mitspielen durfte, wird sich nicht beschweren, als 7.platzierter in der Quali-Runde anzutreten. Seit wann gibt’s eigentlich den UI-Cup nicht mehr? Ich ewartete jedenfalls ein persönlich unerreichbares Los in Kasachstan und blieb erst einmal entspannt.
In der Sommerpause stehen ja auch andere Sachen an. Ich war noch nicht einmal bei einem Testkick der Alten Dame. Und dann doch das große Kribbeln: Am Tag meines Umzugs eröffneten mir die Helfer, dass wir entweder gegen Bröndby oder die sagenumworbenen Hibs antreten würden. Meine einzige Sorge bei der ganzen Europapokal-Nummer war, dass wir ein schottisches Los abgreifen. In dieser Hinsicht bin ich gnadenlos egoistisch. Am liebsten würde ich „mein Schottland“ für mich behalten. Aber das ist ja nicht alles. Na klar, ein Spiel an der Easter Road ist das Traumlos. Obergeil. Aber ohne wenigstens 5 Tage Urlaub in Schottland und Besuche bei meinen Freunden wäre das nicht abgelaufen. Und dafür fehlt mir im Moment echt das Geld. So saß ich mit nem hundsmiserablen BBC-Ticker vor meinem Computer und klickte stundenlang auf „Aktualisieren“. Im zweiten Fenster war natürlich Easy-Jet mit ner Verbindung nach Glasgow geöffnet. Nach dem 0:1 von Bröndby in Edinburgh zog sich der Krimi in Kopenhagen bis ins Elfmeterschießen. Wenige Sekunden später hätte ich – und wenn ich mich hätte verschulden müssen – natürlich einen Flug nach Schottland gebucht. Keine Frage. Aber nun wurde es doch wieder Bröndby. Ich konnte meine Nerven wieder einfangen. Und mal ehrlich: Bröndby IF ist doch kein Scheißlos. Ein – wie ich finde – großer Klub in Europa mit einer respektablen Fanszene. Noch dazu ist Kopenhagen schön, nur eine 1 ½-Tages-Busreise entfernt und damit gut bezahlbar. Also ich war absolut zufrieden und freue mich schon auf das Spiel in Dänemark und meinen nächsten Besuch ganz allein in Leith.
Genug des persönlichen Vorgeplänkels. Am letzten Donnerstag startete also die ernsthafte Saison für Hertha. Das Spiel wurde wie schon damals 2009 im JSP angesetzt. Auf ne Pro und Kontra-Diskussion dazu verzichte ich. Ich fand’s okay mal wieder im Osten zu spielen. Mit dem Fahrrad fuhr ich direkt von der Arbeit an vielen Blau-Weißen in den Cafés, Döner-Buden und Kneipen im Prenzlauer Berg vorbei zum Fan-Projekt. Dort standen sich einige Experten schon die Beine in den Bauch und ich wurde meinen Rucksack etc. im Büro von Ralf los. Vielen Dank!
Das interessante Spiel (hätte mich als Neutralen auch interessiert) lockte viele Hopper und Gäste an. Und so freute ich mich über die Begegnungen mit Kumpels aus Karlsruhe und München (rot). Nachdem ich auch Venant mit etwas Mühe per Telefon zum Stadion gelotst hatte, ging es rein. Extreme Schlangen deuteten nicht nur auf einen ausverkauften Jahnsportpark hin, sondern auch auf eine völlig desaströse Planung im Einlassbereich. Den Rest der Gruppa fand ich in Stimmungsblock J, etwas weiter oben als sonst. Das Spiel begann irgendwie lasch, die Stimmung auf den Rängen war okay, entwickelte sich während des Spiels aber. Völlig perplex erlebte ich dann mit, wie Vedad Ibisevic nach einer halben Stunde einen stilechten Seitfallzieher ins Tor hämmerte. Grandioses Wahnsinnstor. Ich habe oft auf der Hochsprungmatte in der Turnhalle unserer Grundschule Seitfallzieher geübt. Hat natürlich nie so richtig geklappt. Super Ding. Auf jeden Fall das Highlight des Abends und auch das Siegtor des Hinspieles, das insgesamt nicht berauschend war.
Für die Hopper gab es nun das Kreuz im Heftchen, denn beide Fanlager zündeten ordentliche Pyroshows, wobei das Chaos im Gästeblock wirklich ansehnlich war. Überhaupt hatten die Dänen einen guten Auftritt. Alle wie gewohnt in Gelb mit Fähnchen und Bändern. Dazu echt viele Leute. Dass wir sie akustisch nicht so oft vernommen haben, liegt wohl an der Architektur und unserer eigenen Lautstärke, die mal richtig gut und mal zu schlecht für ein Europapokalspiel war. Positiv erwähnt sei eine neue Fahne mit der Aussage „Hertha BSC – Nur echt in Blau-Weiss seit 1892“. Es geht natürlich um die neusten Peinlichkeiten, die Herthas Merchandise-Fraktion verzapft hat. Wenn wir eine Freundschaft mit Dundee United hätten, könnte ich das ja noch ein bisschen verstehen. Dieses Jahr stehen also die Farben Pink, Orange und Grau für Hertha. Die ganze neue Image-Kampagne „We try. We fail. We win.“ bringt uns wieder zurück auf das Niveau von „play Berlin“. Einfach Peinlich. Geärgert hat es mich dann persönlich noch total, dass nicht wenige im Block Spaß an einem sehr frauenfeindlichen Lied hatten. Hat den ansonsten echt schönen Fußballabend für mich geschmälert. Finde das unerträglich.
Nach dem Abpfiff gab es dann noch einmal Fackeln auf dem Zaun, bevor wir zusammenpackten. Mit dem Fahrrad noch kurz in den Straßenbahngleisen hängen geblieben (peinlicher Klassiker), bevor ich knapp ne Stunde später zu Hause war. Während der Fahrt leichten schottischen Regen im Gesicht. Angenehm nach einem heißen Tag und machte Vorfreude auf die Fähre nächste Woche. Wird interessant!
kbk*16