Unsere Stadionuhr beginnt jedes Jahr bei null.
Dieser feiste Spruch, vermutlich von Herthas neuem Digital-Marketing-Guru Paul Keuter persönlich erdacht, zierte in den Tagen vor dem Spiel gegen den HSV die Werbeflächen der Stadt. Zugegeben, ich schnalle den Spruch bis heute nicht. Aber offensichtlich andere. Kamen zum letzten Heimspiel gegen Schlacke nur 49.000 Zuschauer, tanzte heute ein internationaler Potpourri von 10.000 zusätzlichen Programmierern, (Klein-)Künstlern und Gründern direkt aus ihren neuen Kiezen ins olympische Rund.
Davon völlig unbeeindruckt traf ich mich mit dem Regierenden kurz nach ßwölf höhe Bismarckstraße, um Geburtstagsvorbereitungen zu treffen. Denn dieses Wochenende stand so ein kleines bisschen im Zeichen der Gruppo THC, die vor ziemlich genau 15 Jahren beschloss, ihre Haschkrümel zusammenzutun und künftig gemeinsam eenen zu pöffeln. Lobhudeleien spare ich uns an dieser Stelle, schmökert einfach mal in den alten Berichten von Jakob, ich denke da kommt genug Wertschätzung rüber. Außerdem hatten wir da ja noch ein kleines Präsent vorbereitet und in weiser Voraussicht schon vor drei Jahren eine Parkbank-Patenschaft der allseits bekannten „Gruppo-Bank“ beim zuständigen Straßen- und Grünflächenamt beantragt. Leider war die Montage der kleinen Messingplakette nicht im mittleren fünfstelligen Eurobetrag enthalten und wir mussten selber ran. Kein Problem, immerhin besteht die Gruppa aus einer Vielzahl an Machern und Handwerkern. Der Regierende und ich waren werkzeugtechnisch wirklich voll motiviert, aber ausgerechnet eine 12er Noppelzwirn hatten wir nicht im Gepäck. Also mussten wir auf Fieber-Hellmuth warten, der leicht lädiert von der vorabendlichen Single-Party (so ein Käse) mit einem amtlichen Schlagbohrer auftauchte. Weil wir jetzt allerdings nicht mehr ganz unbeobachtet waren und die Stadiontore bereits geöffnet hatten, verschoben wir Montage und feierliche Übergabe der Patenschaft um drei Stunden und „enterten erstmal den Ground“.
Stadion, wie gesagt, gut gefüllt, auch der Gästeblock mit ca 4.000 Nordmännern vertreten, darunter mit „CastAways“ auch erstmal deren neue Ultra-Gruppe. Nach Clockwork Orange nun also ein weiterer Hollywood-Film, der Pate steht für eine Ultra-Gruppe. Wie Chuck Noland (Tom Hanks) sein Schicksal annimmt, tapfer gegen Einsamkeit und existentielle Bedrohungen ankämpft, ist bemerkenswert und bietet Ultra-Gruppen sicherlich ein paar gute Analogien. Der Rest des Gästeblocks fiel vor allem durch einen zarten Pink-Stich in Form der neuen Auswärtstrikots auf. Aber bevor der Traditionalist unter euch jetzt zartrot anläuft, keine Sorge – ist natürlich Tradition pur. Immerhin gewann der HSV in genau diesen Farben 1977 den Europapokal der Pokalsieger. Glückwunsch. Wer jetzt irgendwie an den guten alten Hertha-Adler denken muss, denkt wie ich.

Tradition darf alles
Was war sonst noch los? Der HSV hatte vor dem Spiel schnell noch den Trainer gewechselt. Statt des schönen Brunos sollte der rothaarige Gisdol („Der HSV ist ein wahnsinnig geiler Verein“, MG in seiner ersten PK als neuer Trainer) mal wieder ein Ruder rumreißen und den ersten Saisonsieg einfahren. Hertha, der Sankt-Martin der Bundesliga, zeigt sich in solchen Situationen ja gerne spendabel. Heute nicht. Aus meiner Sicht war gerade in der zweiten Halbzeit ein bisschen viel Glück dabei, letztlich wurde die Partie aber doch halbwegs souverän mit 2:0 gewonnen. Papa Ibisevic (gerade Vater geworden) netzte die scheckige Kugel zweimal ein und machte mit der Mannschaft „die Wiege“ (nennt man den Torjubel so?). Finde ich ganz groß, dass der noch nicht aus der Mode gekommen ist. Findet der „Schuhputzer“ eigentlich noch Anwendung? Die Ostkurve dankte es der Mannschaft mit einigermaßen ordentlicher Stimmung.

Da ist es amtlich.
Zurück zur Gruppo-Bank, da wurde zunächst planmäßig eine kleine Traube gebildet und dann Nägel mit Köpfen gemacht. Spätestens mit Verschleiß der dritten Schraube zahlte sich auch die Anwesenheit von Frank aus, der mit einer kurzen Einführung in die Grundlagen der Holzbohrtechnik unser Vorhaben rettete. Und fertig war die Laube. Die Jungs von Gruppo hat es jedenfalls gefreut, glaube ich. Gefeiert wurde das Jubiläum schließlich am Sonntag mit einer netten kleinen Partey.
Der Samstagabend in der Zentrale entwickelte sich doch noch etwas turbulenter als gedacht. Zu Einzelheiten kann ich mich nicht äußern, die Bierhilfe hat die Sache übernommen und ermittelt gegen mehrere Polizisten der Berliner Rambock-Unit, die u.a. massiv in das Recht auf Rausch eingriffen. Und auch hier endete der Abend handwerklich: Zimmermeister Drago, den wir aus der Gaststätte nebenan holten, kam mit Sliwowitz und Akku-Schrauber vorbei und machte in beiden Disziplinen eine ordentliche Figur.
In diesem Sinne,
„Erst wickeln, dann rollen, dann hauen wir ihn an…zihhh, pfff“
Fritze