25.317 Zuschauer
Die Gruppa Rich schmeißt die Fuffis in den Müll. Ja man. Scheißt doch mal auf Geld und fangt lieber an zu leben. Auswärtsfahrten nach Wolfsburg (frage mich warum dieses Spiel von der Vermarktung noch nicht als „Derby“ deklariert wurde) sind so kurz, dass die Verlockung aufkommt so richtig auf locker zu machen. Da sogar Schränky auf der Kartenliste stand, entschieden wir uns am Freitagabend gegen 20 Uhr am nächsten Tag den IC um Halbelf zu nehmen, um auch wirklich den größtmöglichen Komfort zu gewährleisten. Da behaupten Leute von der FGB die Organisation der Gruppa sei perfekt. Ich würde eher sagen, dass die interne Organisation und Entscheidungsfindung ein Handballtorwart mit 6 Buchstaben ist.
So gab es am Spieltagmorgen erst einmal ein gemütliches Frühstück mit der Liebsten. So richtig mit Schrippen holen und Tischdecken. Die Zeit war gewonnen und der Preis für die vermutlich kürzeste Tour (hab keine Lust einen Entfernungsvergleich mit Leipzig vorzunehmen) ähm ja. Ach scheiß drauf. Dass ich am Freitag noch eine Fahrkarte zu viel buchte, machte den Kohl auch nicht mehr fett. Wir hams ja. Gruppa Rich, die reichste Hertha Gang der Welt, kloppt gern mal was auf’n Kopp. Neben der Anreisefrage steht Wolfsburg außerdem für gute Unterhaltung durch die mehrfach ausgezeichnete Reality-Kuttenshow „Besoffen und völlig daneben“. Ich frage mich, ob es schade ist, dass die Show so selten aufgeführt wird, seit es kaum noch Spiele im Umkreis von weniger als 300 km gibt. (#300kmRegel) Wo sind nur Hansa, Energie und co. gelandet? Na gut, Hand aufs Herz. Ich stehe dann doch lieber mit ein paar Hundert Seelen in Augsburg mit nasskalten Füßen, als ständig die Kuttenshow zu verfolgen. Am Hauptbahnhof angekommen betraten die ersten Stars gleichmal die Showbühne. „Ein bisschen weiß, ein bisschen Rot und du siehst aus wie ein Idiot“ Gesänge. Ich behaupte das ist ein Song, den die Kutten selbst komponiert und verbreitet haben. Und da standen sie nun, die zukünftigen Supertalente. Eine Gruppe von ca. 8 Jungs mit einem Durchschnittsalter von 17 Jahren. Fischerhüte mit hässlichem Fake-Logo auf dem Kopp, dazu eine „H. Berlin“- Fahne in der Hand (Hass!) und ca. 5 Kästen Bier plus Jägermeisterpullen in gleicher Anzahl. Top, bei einer Anfahrt von etwas weniger als 90min. Neben dem üblichen Gemurmel der Bahnsteigbevölkerung („Hoffentlich bleibt es friedlich. Solange sie nur singen will ick ja nischt sajen.“) fielen nun auch zwei auffällig unauffällige ßifften in die Szenerie und wurden natürlich sofort von den Kutten angelabert. Für alle ein No-Go, für die Kuttenshow aber ein unverzichtbarer Teil des Spektakels. Lasset die Spiele beginnen.
Mit etwas Glück (oder Pech?) hatte die Gruppa Sitzplätze in einem anderen Abteil als die Kutten und schob den Ruhigen. Mike war noch etwas angesäuert wegen der verkackten Reiseplanung, gab mir aber eine erste Einführung in die Arbeitsweisen der IT-Gruppa. Bis auf die deutsche Schwarz-Weiß-Bunte und ein paar Monokulturen (märkischer Kiefernwald) gab es draußen nichts zu sehen. Nach ca. ner halben Stunde auf der Schiene kam dann allerdings die Live-Show lamentierend durch unser Abteil gezogen, die Bierkästen halbleer. Einer kam so nah an mich heran, dass ich schon Angst hatte von der versteckten Kamera eingefangen zu werden. Ist schließlich ne Live-Show. Die Textpassage für den Durchzug durch das Abteil war kurz, aber mit Tiefgang: „Ey am Arsch Alter, wenn die Bullen uns ficken.“ „Ich hab’s dir gesagt!“ Blieb hängen, die Typen zum Glück nicht. In Stendal fuhr parallel gerade eine Regionalbahn voller Kutten ein, die unter lautem, diffusem Krakeelen verkündeten, wer hier in fucking Stendal der Boss ist. Dazu leicht nervöse Bullen. Lustige Szenen. Unser Zug fuhr weiter und kurz darauf erreichten wir Wolfsburg. (Kurzer Hinweis: Darüber wie hässlich, sinnlos und historisch untragbar diese Kackstadt ist, schreibe ich heute nichts. Keine Lust. Nächstes Mal wieder.)
Der Hauptmob der Szene war eine Stunde vor uns eingetroffen und befand sich inzwischen in einer im Vorfeld gebuchten Kneipe. Wir liefen die 600m bis zu diesem place to be. Von den Wolfsburger Kleingruppen, die in der Stadt unterwegs gewesen sein sollen, hat unsere Kleingruppe nichts gesehen. Na, solange der 666er von Bröndby nicht zu sehen ist, liegen unsere Gewaltambitionen ja auch irgendwo bei null. Die Reiterstaffel ließ uns auch in Ruhe ziehen. Echt krass, was die hier für diesen Kick auffahren, selbst wenn heute alles nicht mehr so gechillt abläuft wie vor 10 Jahren. Am so called Kneipenviertel angekommen, dachte ich der Ort sei als allgemeiner Treffpunkt ausgegeben worden. Überall Kutten. War aber ein Irrtum. Die Leute sind – clever clever – einfach an den Hacken der Ultras kleben geblieben. Die würden echt überall hin folgen. (Vielleicht mal ne Idee?) Also waren wir wieder mitten in der Live-Show, wobei einige Protagonisten zur Höchstform aufliefen. Die einen laberten permanent die Bullen mit Themen wie „Und wat seid ihr jetzte jenau? Ne Hundertschaft oder wie?“ an, während andere 5m dahinter ne Dose auspackten, um im Rücken der Uniformierten ein hässliches „H.BSC“ in schwachgrau an eine gelbe Wand zu sprühen. Stellt Euch mal vor so ein Ding würde einer absichtlich planen. Mich ließen die Bullen hingegen nicht mal in Ruhe telefonieren. „Vor 13 Uhr kommt hier keiner raus.“ Böse Blicke hin und her. Keine Chance. Ich hatte den Hass geweckt. Also ab in die Kneipe und etwas Dämlejequatschen mit dem Piraten. Hat gut getan.
Dann Abmarsch des Mobs, natürlich nicht ohne einen Klassiker der Live-Show: Szeneleute um Gruppenaufkleber bitten. („Ey geil Digger, gib mal n‘ paar.“) Es folgte ein amüsantes Katz- und Mausspiel mit den Bullen. Nach ein paar Minuten war der Spaß aber vorbei, denn die hatten hier heute gar keine Lust auf Unterhaltung, wurden ungemütlicher und verwarnten erstmalig per Lautsprecher. Also ging es doch geordnet in Begleitung der Pferdestaffel (gibt’s die nur noch bei der Polizei oder hält die Bundeswehr auch noch ne Kavallerie am laufen?) zum Stadion. Der ätzenden Einlasssituation entkam ich durch die Begleitung unseres Fahnenbeauftragten Moe durch die Materialpforte. Gut so, auch wenn die Ordner auch hier mächtig abnervten. Wie Mike draußen beinahe in ein square go gegen einen Wolfsburger Rentner verwickelt und Stone fast deswegen weggeheftet wurde, bekamen wir nicht mehr mit. Anscheinend ist die Gruppa doch gewaltaffiner als gedacht. Muss spannend gewesen sein. Aber wie ging es derweil eigentlich mit der Live-Show weiter? Wieder mit lamentieren. An so einem Tag siehst Du aber auch immer die gleichen Vögel. Unsere 8 Fischerhüte jammerten nun über eine verpatzte Vorbereitung auf dieses Knallerspiel. „Pyro wär geil heute.“ „Ja man. Ey Digger, ich hab mir für 100 Euro ein Pyro Paket im Internet bestellt. Es kommt aber erst Montag an.“ „Scheiß DHL.“ „So ne Hurensöhne!“. Diesen Dialog verarbeitend suchten wir uns andere Plätze im Block uns schlossen uns HM unten links an. Nachdem die Fahne hing, griff Moe ein Schnitzel ab. Ich unterdrückte meinen Hunger. Lieber nichts essen als mit einer Bezahlkarte. Der Rest ließ wegen des erwähnten Stresses vor dem Stadion auf sich warten und außerdem sollten noch Karten an FGB übergeben werden, die erst spät (also sogar noch später als wir) anreisten. Fahnen in die Luft und rein ins Spiel.
Heute gab es so ziemlich das Gegenteil zum Augsburg-Kick zu sehen. Flotter Fußball mit viel hin und her, auf und ab, hoch und runter und was Euch noch so für Gegensatzpaare einfallen. Wolfsburg führte bereits nach 12 Minuten. Alle sauer, aber motiviert. So dauerte es nur 4 Minuten bis Platte zum 1:1 per Freistoß traf. Große Euphorie, da treffen die dämlichen Wolfsburger schon wieder. 2:1 durch weiß nicht wen. Hertha steckte trotzdem nicht den Sand in den Kopf (sorry für den lahmen Klassiker) und spielte hier ne ordentliche Partie. In der Halbzeitpause dann Fachgespräche. Was sollte das hier heute werden? Quadrati war sich sicher: „Wir gewinnen noch.“ Also ab dafür. Die Blau-Weißen kamen gut ins Spiel, zunächst allerdings ohne Belohnungen. Dann endlich: 69. Minute, 2:2 durch Esswein. Und weiter weiter weiter. Dieses Jahr läuft einfach gut. Und so bekamen wir in der 91. Minute nen Elfer, den Kalou verwandelte. Supergeil. Gegen diese Kackmannschaft hier zu gewinnen, tut einfach gut. Hut ab vor dieser Mannschaftsleistung heute. In anderen Jahren wäre das undenkbar gewesen.
Zur Atmosphäre. Irgendwie ist die Stimmung bei uns schwer einzuschätzen. Es gab auf jeden Fall schon bessere Auftritte in Wolfsburg. Trotzdem ein Heimspiel, da die Szene in Wolfsburg einfach kolossal scheiße ist. Wieder mal Ultras, die oben stehen und kaum Fans mitreißen können. Auch scheint sich über die Jahre nichts weiterzuentwickeln. Maximal die Zaunfahnen sind okay. Doch insbesondere das Material der WB mit ihrem kackbraunen Wolf (?) ist wirklich eine Herausforderung für alle Augen, die auch mal vom Rasen weg auf die anderen Blöcke gucken, um zu sehen, was da abgeht. Akustisch also schlecht und optisch scheiße. Wolfsburg braucht echt kein Mensch. Wenn schon Niedersachsen, dann bitte nach Hannover oder Braunschweig. Oder so. Oh, prekär. Ich habe Hannover und Braunschweig in einem Satz genannt. @IT-Gruppa: Bitte verstärkt die Sicherheitsmaßnahmen für diese Homepage.
Zurück zur Reality-Kuttenshow. Während des Spiels stand die ganze Zeit ein Typ mit Jeansweste neben uns, der es auf das rosa Trikot von Rune abgesehen hatte. Als nun der Abpfiff ertönte und sich alle in den Armen lagen, kletterte er auf den Stachelzaun, die Zacken im Schritt. Wem jetzt schon schlecht wird, es kommt noch übler. Beim herunterhangeln bleibt er mit der Hand an den Zacken hängen und verlor ordentlich Haut. „Ach Du Scheiße.“ Mehr kannste in so einem Moment nicht denken. Abgesehen von der nutzlosen Aktion, kann an dieser Stelle ruhig mal das Sicherheitskonzept kritisiert werden. Die Zäune vor dem Gästeblock werden hier von Jahr zu Jahr höher und neben dem Knastgefühl verletzten sich sogar noch Menschen. Dummheit hin oder her, ohne die scheiß Zäune wäre diese Verletzung nicht geschehen. Donato erinnerte an eine Situation wo ein Herthaner den Finger verlor. (Hab vergessen wann und wo.) Aber weiter mit der Show. Die Gruppa Rich musste natürlich aus Bequemlichkeit etwas eher zum Bahnhof, um den ICE zu erwischen. Dabei erlebten wir den heutigen Höhepunkt der Live-Show. Unsere 8 Fischerhüte waren voll im Modus. Kurz vor den Unterführungen zündete irgendwer einen grünen Blinker. Dazu skandierten unsere Stars mit Megafon (wo kam das jetzt her?) „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“. So kommt ultrá auch in der Live-Show an. Und, kennt Ihr auch dieses Vergnügen zu hören, wie Kutten bekannte Kurven-Songs umdichten? Jedenfalls stimmte der Vorsänger nun ein solidarisches „Ihr wollt uns aussperren, seid ihr denn Chaoten?“ an. Selbst der leicht röchelnde Gruppa-Ältestenrat konnte sich das Lachen nicht mehr verkneifen. Oben auf der Brücke wurde kurz vor uns ein Haufen Wolfsburger von den Bullen gekesselt, was einige sportliche Herthaner mit Wolfsgeheul kommentierten. Unsere Kleingruppe hätte sich fast noch aus den Augen verloren, fand dann aber doch das richtige Gleis und Abteil. Vor uns ältere Kutten mit Aussagen wie „Wenn Hertha gewonnen hat, weiß ich aber genau, was ich zu Hause mache..“ Hohoho. (Dreckiges Männergelächter.) Arme Ehefrauen, aber echt. Wir diskutierten noch etwas über die CH-Thematik. Ihr wisst schon. Heißt es Schina oder Kina? Bei uns sagen alle Schina zu China. Aber wer spricht vom Schiemsee? Den Schromosomen? Der Schronick? Den Schaoten? Seid konsequent Leute oder verzichtet auf CH-Worte! Stone suchte derweil mit FGB-Lucas die Mitropa auf, um später mit einem Pappbecher voller Bierschaum (für lockere 5€ oder so) wieder zu kommen. Dabei meinte er, von Wolfsburg bis Spandau gelaufen zu sein. Irgendwie gar nicht so falsch. Wir waren also noch vor der Tagesschau zurück und ich ließ die anderen alleine Fifa ßocken. Schluss. Aus. Eure Gruppa Rich.
kbk*16