Hertha BSC – SV Darmstadt 98 2:0
Zuschauer: 31.912
Letztes Heimspiel gegen Darmstadt, zwei Tage nach dem Anschlag vom Breitscheidplatz. Was soll ich da schreiben? Vielleicht einen ganz normalen kurzen Bericht ohne viel Pathos? Hmm. In jedem Fall standen die grausigen Ereignisse irgendwie über allem. Komisch, wie leer die S-Bahn vor dem Spiel war. Komisch, wie Berliner Bullen, die so aussehen als würden sie sonst Parksünder festnehmen, plötzlich mit Maschinengewehren auf dem Weg zum Olympiastadion patroulieren. Komisch, wie ruhig und freundlich heute alle waren. Kein Rumprollen, kein Pöbeln. Einfach mal nett sein. Der Terror ist leider nichts Neues mehr. Wie viele Menschen hat er in die Flucht getrieben? Und nun also auch hier bei uns. Breitscheidplatz. Westberlin. Im Kopf irgendwie mit Hertha verbunden. Sehe uns noch angesoffen bei der Aufstiegsfeier 2011 da rumgrölen. Alle erzählen solche nutzlosen Geschichten und persönlichen Verbindungen zum Ort des Geschehens. So ist das. Und so war und ist das auch für die vielen anderen Menschen dieser Welt in deren unmittelbarer Nähe so eine Scheiße passiert.
Also, alles anders und doch wie sonst. Wir versuchten jedenfalls weiter zu machen „wie sonst“. Während Moe und ich durch den Materialeingang problemlos und schnell die verschärften Sicherheitskontrollen hinter uns brachten, mussten andere in langen Schlangen ausharren. Fahnen vorbereiten (manche sagen auch „anstielen“), bisschen schwenken, quatschen, schätzen, wie viele Zuschauer kommen werden. Dann eine kurze, emotionale Ansprache eines Vorsängers mit folgender Schweigeminute. Beeindruckende Stille. Dazu ein Lichtermeer aus Smartphones. Das ist die neue Zeit. In der Kurve das Spruchband „Berlin bleibt Stark!“ Im Auswärtsblock „Bleib stark Berlin!“ Danke dafür nach Darmstadt. Es folgte ein richtig krasses „Nur nach Hause“. Ohne Tonspur und sehr laut. Micha meinte es sei das „zweitbeste Nur nach Hause aller Zeiten“ gewesen. Der Support ebenfalls sehr entschlossen, wenn auch mit zunehmender Spieldauer etwas nachlassend. Richtig gut gefiel mir heute der Fahneneinsatz. So sollte eine geile Kurve aussehen. Hört bloß bitte auf ständig Herthafahnen mit gelbem Ehrenkranz zu malen. Wenn wir über Vereinsfarben debattieren, sollten doch wenigstens die Fahnen in der Kurve eindeutig Blau-Weiß sein. Berlin-Fahnen sind immer etwas anderes. Aber Gelb? Nee, geht gar nicht. Wozu haben wir vor zehn Jahren gegen den gelben Kack-Adler gekämpft?
Das Spiel lief derweil relativ unspektakulär. 0:0 zur Pause, der Statistik nach ne klare Führung für uns. Die sieben (?) Torschüsse hatte ich aber irgendwie nicht gesehen. Im zweiten Durchgang dann endlich klare Verhältnisse. 53. Minute, Freistoß aus guter Position vor der Ostkurve. Der Klassiker. Du denkst dir :„Einfach mal ins Eck Platte. Einfach mal ins Eck hauen.“ Und er haut ihn ins Eck. Superschönes Tor. Unverständlich warum Flo meinen Kommentar „so einen hab ich länger nicht mit links gemacht“ korrigierte: „Nee, so einen hast Du noch nie gemacht.“ Naja, im Dorfnebel hat auch keiner meine Zauberschüsse aufs leere Tor gesehen. Darmstadt blieb im weiteren Verlauf harmlos und wird wohl, wenn es so weiter geht, leider absteigen. Schade drum. Das 2:0 fiel dann wenige Minuten später (66.) durch einen Kopfball von Kalou. So soll es sein. Nach den Pleiten der letzten Wochen ne wohltuende Nummer.
Die paar Hundert Darmstädter hatten sich oben im Gästeblock positioniert und die bekannten Zaunfahnen gehisst. Zu hören war im weiten Rund natürlich (fast) nichts. Wenn meine Augen richtig gesehen haben, waren dafür einige Lilien-Fans in den letzten Spielminuten halbnackt. Letzter Platz halt? Abpfiff, gegenseitiger Applaus zwischen Fans und Mannschaft, Abbauen und Tschüss.
Allen rechten Scharfmachern, die den Anschlag nun mit leuchtenden Augen für ihre Hetze missbrauchen, ein pejoratives „Fuck you“ und dem netten Rest glückliche Feiertage, ne rauschende Gruppa-Weihnachtsfeier und ein gutes neues Jahr. Ha Ho He!
kbk*13