1. FC Köln – Hertha BSC 0:2

      Kommentare deaktiviert für 1. FC Köln – Hertha BSC 0:2

Zuschauer: 47.800

Kaum sich in den Gefilden der Gruppa befindend, werden meine unbedarften Fittiche mit der ehrbaren Aufgabe des Spielberichts betraut, den es jetzt in die Tasten zu hauen gilt. Wie es zu diesem Awayday kam, bedarf längerer Ausführung. Der November hielt Einzug in unsere geliebte Heimatstadt und so fand ich mich alsbald in den Räumen der Messe zur halbjährlichen Mitgliederversammlung wieder. Noch keinen Gedanken danach verschwendet, überhaupt den Weg in die Rheinmetropole anzugehen, sprach mich ein geschätzter Kumpel darauf an, dass es wohl möglich sei, dass Amirs Schwester ihren Wagen zur Verfügung stelle und so eine Anreise gewährleisten könnte. Erst noch fleißig nickend, ohne das potenzielle Angebot wirklich annehmen zu wollen, freundete ich mich allmählich mit dem Gedanken an, am heiligen Sonntag den Weg gen Westen anzutreten, um der ruhmreichen Alten Dame beim Gastspiel zuzugucken. Nach der gefühlt zehnten Erbsensuppe war es dann soweit: Ich wollte nach Köln! Schon wieder zuhause angelangt wurde der hochgeschätzte Amir mit einer Sprachnachricht kontaktiert. Aufgrund einiger Umstände meinte dieser zunächst, sich erst später dazu äußern zu wollen. Und jeder, der Amir auch nur ein wenig kennt, weiß um das Glücksspiel, was nun beginnen sollte. Mit beharrlicher Regelmäßigkeit hakte ich bei ihm nach, um doch endlich wenigstens Gewissheit zu haben, ob es denn am letzten freien Tag der Woche auswärts gehen sollte. Fortuna sollte mir wohl gesonnen sein und so trudelte nach Tagen des Zweifelns und bangen Hoffens die Nachricht ein, dass das Auto wohl verfügbar sei. Die Problematik sollte eher beim Finden des Fahrers liegen, da sowohl Herr H. als auch meine Wenigkeit sich beim Thema Führerschein eher durch Prokrastination als durch irgendetwas anderes auszeichnen. Nun denn, ungefähr 12 Stunden vor nötiger Abfahrt rief mich ein völlig aufgelöster Amir an, um sich zu erkundigen, ob es denn bei meiner Zusage bliebe, da ich auf Telegram nicht binnen zwei Minuten geantwortet hatte. Ich sagte natürlich zu und so fand ich mich am Sonntag bei schönem Sonnenschein und eisiger Kälte im Wedding wieder, wo ich vom Fahrer sowie von Amir begrüßt wurde. Vom eigentlichen Auslöser meiner Fahrt fehlte leider jede Spur, da er es ob Arbeit nicht vermochte, unsere Gruppe zu komplettieren.

Aber sei es drum, so sollte es in einem stabilen Trio an den Rhein gehen. Grundsolide wurde unser Vehikel aus der Bundeshauptstadt herausmanövriert und alsbald fanden wir uns auf der Autobahn wieder. Bei Schmalzstulle und tiefschürfenden politischen Gesprächen ging die Zeit auch schnell rum, und es konnte Bundesland für Bundesland abgeklappert werden. Das einzig Kritische war das Fehlen eines USB-Anschlusses oder einer Bluetooth-Verbindung, sodass wir gezwungen waren, einen Blick in das CD-Fach zu werfen, was für unseren Musikgeschmack lediglich eine Best-Of-80’s-Scheibe zu Tage förderte, die sogleich gepumpt wurde. Anschließend mussten wir erneut umdisponieren und da war er: Irgendein Radiosender inmitten von Niedersachsen, bei dem man sich am Sonntag über Whatsapp ein Lied wünschen durfte. Es wurde nicht lange gefackelt, die entsprechende Nummer herausgesucht und eine klassische Amir-Memo versendet. Hatten wir vorher noch ausgemacht, eher nicht zu erwähnen, wer sich gerade das Lied wünscht, erklang beim erneuten Abspielen seitens Amir eine vergnügte Stimme, die bereitwillig das Verreisen dreier Blau-Weißer gen Köln verkündete. Nichtsdestotrotz hofften wir darauf, dass sich der Sender unserer erbarmt und das für unser Trio legendäre „Don’t act like you know me“ zum Besten gibt. Erst schien es noch als sollte unser Plan Früchte tragen. Ungefähr eine halbe Stunde nach Versenden der Nachricht antwortete uns der Patrick, der unserer Gruppe nicht nur einen schönen Resttag wünschte, sondern auch versprach, uns umgehend Bescheid zu geben, falls das Objekt der Begierde die Zuhörer beglücken sollte. Erwartungsvoll fuhren wir geschlagene zwei Stunden weiter, aber nichts passierte. Irgendwann gaben wir es resigniert auf, im immer stärkeren Rauschen des Senders auf unseren Moment zu warten. Nächstes Mal wird auf der Autobahn gehalten und gewartet!

Gegen halb fünf wurde die Rheinbrücke überquert und nach einigem verzweifelten Suchen fand unsereins sowohl die richtigen Ausfahrten als auch den anvisierten Gästeparkplatz. Köln empfing uns mit Temperaturen sibirischen Ausmaßes und so kannte nach dem Organisieren eines Steher unsere Vorfreude kaum noch Grenzen als wir im Gästeblock standen und auf den Anpfiff warteten. Erheiternd waren zu diesem Zeitpunkt lediglich einige Hertha-Anhänger, die es für sinnvoll erachteten ihre komplette obere Kleidungsschicht mit genauso selten gesehenen wie ästhetisch unterirdischen Klebern einzukleistern. Auf der Gegenseite erwartete man ob zweier Spruchbänder – eines im Ober- und eines im Unterrang – eine Choreographie für die kürzlich verstorbene Vereinsikone Hans Schäfer. Im Vorfeld der Partie organisierten die Anhänger des Effzeh einen Trauermarsch und auch im weiteren Verlauf schenkte man lediglich eine Fahne mit dem Konterfei des Weltmeisters von 1954. Eine den ganzen Block umfassende Choreo gab es allerdings nicht. Letztlich füllte sich der Gästeblock doch noch mit einer respektablen Anzahl der blau-weißen Fanschar.

So hieß es kurz nach sechs: Anpfiff! Stimmungtechnisch mittelmäßig und spielerisch mit der üblichen GänsehautArt starteten die Herthaner gegen die bis dato in der Bundesliga sieglosen Kölner. Eigentlich erwartete man unter diesen Voraussetzungen einen klaren Sieg der Gastgeber, wie diese Saison in der zweiten Pokalrunde. Doch die Mannschaft riss sich kurz am Zipfel und so konnte man doch tatsächlich in Führung gehen. Ganz schön krummes Ding. Gefühlt der halbe Gästebereich erwartete ein Abpfeifen der Situation, sodass ein Torjubel erst später einsetzte, aber dafür umso erleichterter ausfiel. Allmählich gewann man auch die Stimmungshoheit und so peitschten durchaus einige Male die Gesänge und Schlachtrufe durch’s weite Rund. Nach dem Pausentee schien es, als wolle Hertha die Pläne zum unerwarteten Auswärtsdreier noch mit allen Mitteln torpedieren. Absolut katastrophale Fehlpässe und die Raumaufteilung einer C-Jugend hatten zur Folge, dass die Kölner Angriffswelle um Angriffswelle fuhren, sich aber nicht belohnten. Höhepunkt war dann ein Zurate ziehen des Videobeweises, geschlagene drei Minuten nach der eigentlichen Situation, was sowohl auf der Heim- als auch auf der Gästeseite einiges an Unmut nach sich zog, zumal sich der Verdacht des Handspiels als nichts außer heiße Luft entpuppte. Mitten in diese Phase platzte ein Sprint Selkes, der nur durch ein Foulspiel im Strafraum zu stoppen war. Der fällige Strafstoß wurde vom heutigen Doppelpacker, dem VedaTOR, sicher verwandelt. Der Block explodierte und spätestens jetzt hatten wir richtig Spaß, während die Kölner es endgültig aufgaben, ihre heute von der Lautstärke echt enttäuschenden Gesänge anzustimmen. Vielleicht wegen der Trauer um Schäfer, vielleicht aufgrund fehlender Einfälle konnte meinerseits zudem keine Fortsetzung des sogenannten „Spruchbandbattles“ erspäht werden. Die Messe war also quasi eine halbe Stunde vor Schluss gelesen und so war es an der Zeit, allerfeinste Pöbeleinlagen vom Stapel zu lassen. Außer Rand und Band schrie man sich mit „Absteiger“ die Seele aus dem Leib und auch das allseits bekannte „Cologne, Cologne…“ schallte durch die abendliche Spielstätte. Die Kölner Antworten waren dann doch eher gewollt als gekonnt und sorgten so für allgemeine Heiterkeit.

 

Nach Abpfiff noch kurz mit der Mannschaft gefeiert, hieß es kurz darauf den Weg zum Auto zurückzufinden, was erfolgreich bewältigt wurde. Während die Neuner der restlichen Herthafans von den Kölnern noch persönlich verabschiedet wurden, waren wir schon auf dem Weg gen Heimat. Auch die gestaltete sich wieder schwieriger als erwartet, da es fast 30 Minuten dauerte ehe wir herausbekamen, wie denn das verdammte Licht einzuschalten war. Kurz noch bei zwei Tanken und BK gehalten, um nochmal ein wenig Super bleifrei in den Wagen zu lassen und sich die sonntägliche Ladung Pappe abzuholen. Kurze Zeit später schon fand man sich im heimischen Berlin wieder. Dickes Dankeschön hier nochmal an den knallhart, mit ordentlich Hilfe koffeinhaltiger Getränke durchgeballerten Fahrer! Die Stadt hieß mich natürlich auch gebührend willkommen, durfte ich doch allen Ernstes eine halbe Stunde bei lausiger Kälte und nervigem Wind auf den Folgebus warten, da mein eigentlicher es für nötig hielt, vor der Abfahrtszeit loszufahren. Doch nichts ist von Dauer und so konnte ich auch diese Minuten rumbringen, ehe ich mich noch nach einigen zu Fuß zu schaffenden Metern voller Vorfreude auf die in einigen Stunden beginnende Uni in den heimischen Federn wiederfand.