Bochum – Hertha BSC (2:3) (22.11.08)

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Hilfe, wo bin ich denn hier eingestiegen? Der Alkohol, den die Passagiere auf ihrer langen und beschwerlichen Fahrt durch die frisch eingetroffene Winterlandschaft in rauen Mengen zu sich genommen haben müssen, hatte das komplette Abteil in eine Art Debattierclub verwandelt.
An meiner ersten Station ging es noch um den Förderkreis, einige Sitze weiter ging es um Widmungen und dicke Weiber, direkt gegenüber wurden sämtliche Einzelheiten der kurz vor der Eröffnung stehenden Imbissbude „Jörgs Curry-Container powered by Kenny Burli“ durchkalkuliert und schließlich landete ich auf meiner Erkundungstour beim Thema „demokratischer Sozialismus und Gesellschaftskritik“.
Allen Diskussionsrunden war dabei gemein, dass mindestens die Hälfte der Teilnehmer mit mächtig beschlagener Zunge redete, was der Diskussion anscheinend aber eher förderlich war.
Die Fahrt plätscherte weiter vor sich hin; der überdimensionale Leo plätscherte mit seiner 5-Liter-Plaste-Pulle, die er aus seinem 50 Liter-Fass abgefüllt hatte, vor sich hin und versuchte verzweifelt den klebrigen Inhalt in ein 50ml-Becherlein umzufüllen, unter großzügiger Bewässerung der ausgedorrten Umgebung, versteht sich.

An den Stadionkassen der früher noch Ruhrstadion genannten Mehrzweckarena, kaufte ich dann eine ermäßigte Eintrittskarte für 8€, diese fairen Preise sind, wie meine Geldbörse jüngst feststellte, leider die absolute Ausnahme und dürfen deswegen ruhig mal gewürdigt werden.
Ein Blumenstrauß an die Geschäftsstelle des VfL Bochum wird allein deswegen nicht verschickt, da mir die Stadionordnung weder das frontale Anbringen von Zaunfahnen und -fähnchen, noch das Mitführen von Plastikstangen (Achtung: zerbrechlich)und Äpfeln erlaubte.
Da ich nicht vorhatte, meinen guten Braeburn Apfel der Ordner-Mülltonne am Eingang zu überlassen, aß ich ihn unter den kritischen Augen eines extra für mich abgestellten Ordners in einem extra für Apfel-Aufesser markierten Bereich im Eingangsbereich bis auf den Griepsch auf.
Der Gästeblock füllte sich auch nur deswegen so gut, weil wir den unteren Bereich abgetrennt hatten, um mit der Ultras-Fahne vorweg etwas kompakter stehen zu können und noch etwas vom Vorteil des hallenden Dachs mitzunehmen.
Das gelang von Anfang an auch gut und dazu passend spielte sich die Mannschaft in einen kleinen Rausch und schenkte den Bochumern in der ersten Halbzeit drei Tore ein, worunter vor allem unsere Auswärtsfahne litt, die den harten Belastungsproben in Folge von menschlichen Verwerfungen nach den Toren, hier sei vor allem Kacars Treffer mit anschließender Jubelei direkt vor dem Gästeblock erwähnt, allerdings routiniert stand hielt.

Als sich der Herthaanhang in der Halbzeitpause seelisch schon auf Party einstellte und meine Nachbarn kurz davor waren sich ihrer Kleidung zu entledigen, erwies sich die schneeweiße Herthamannschaft als Stimmungstöter allererster Klasse. Mit Anpfiff war die Bochumer Offensive eingeläutet und die Hertha verlor komplett den Faden.
Keine Viertelstunde später hatten die Bochumer den 2:3 Anschlusstreffer erzielt und beinahe wäre es uns gelungen das vergangene Heimspiel gegen den HSV aus der anderen Perspektive zu erleben.
Irgendwie wurden die quälenden letzten Minuten und damit der 4. Sieg im 7.Auswärtsspiel über die Bühne gebracht. Derweil hatte uns schon die Sektion (die, die immer Recht hat) angefunkt und um pünktlichen Abmarsch gebeten, da sich Besuch aus Bochum angekündigt hatte.

Vor dem Block erzählte die Sektion dann bereits erste Heldensagen und nachdem wir die dunkle und undurchsichtige Castropper Straße hinauf galoppiert waren, sammelte sich die Reisegruppe mit einigen Fliege-Pils im Anschlag am Hauptbahnhof um auf den überübernächsten ICE Richtung Berlin zu warten, für den Nikolas-D.-Arsch uns reservierte Plätzchen bestellt hatte.
Praktisch, dass der Schaffner bei unserem Zustieg direkt vor unserer Nase ausstieg, so konnte er sich gleich ein erstes Bild von der Reisegesellschaft machen, die in dreistelliger Mannskraft und mit Pauken und Trompeten in den Zug stürmte und der vernobelten Passagerie einen verstörten Gesichtsausdruck auf die Visagen zauberte.
Jut druff gab’s dann Standing Ovations und Schulterklopfer für jeden, besonders herzlich auch für unsere Beschüzer von der Polizei, die, wie mir verschiedene Quellen bereits auf der Hinfahrt berichteten, dank herzhaftem Eingreifen verhindern konnten, dass somalische Piraten unter der (falschen Flagge) der Berliner Hertha eine alte Eisenbahn in Braunschweig kapern konnten um womöglich horrende Lösegeldsummen zu fordern oder einfach ungestört und auf eigene Faust den Weg Richtung Pott anzusteuern.

Nachdem die ICE-Party immer mehr in Schwung kam und die Atzen schon mächtig an Rädern drehten, verließ ich durch die Hintertür den Zug und legte mich schlafen.
So ist das Leben eben, es muss beben geben ab und zu noch eben standst du in der Sonne uh da kommt der Regen. Jaja yeah yeah

Deutscher Meister BSC! Die Sektion, die Sektion, die liest Berthold Brecht!

Nachtrag: Frrreunde, fast hätte ich vergessen, was nicht nicht vergessen werden darf: Dank und Kuss nach Karlsruhe an die Armata und Wild Boys, die natürlich mit dabei waren und bei denen es sportlich hoffentlich so schnell wie möglich wieder aufwärts geht.

VfL Bochum - Hertha BSC 2-3  009fritze 2008