Karlsruher SC – VFB St****** (1:0) (2.9.07)

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vfb_stuttgart_heim_16Abpfiff. Hertha gewinnt 2:1 gegen Wolfsburg. Aber alles ist anders als sonst und der Kopf ist voll von Gedanken zu den Vorfällen der letzen Wochen.
Wie gelegen kam mir der Moment in den 9er zu steigen und Berlin einfach ganz schnell zu verlassen, etwas anderes zu erleben und für einen Tag die schwierigen Fragen rund um die 34 neuen Stadionverbote aufzuschieben.

Denn während wir den Fußballalltag mit Hertha nicht recht ertragen konnten, stand im Südwesten der Republik das nonplusultra aller Derbys an: Die Blau-Weißen Jungs vom KSC, aus Baden, zu Hause im Wildpark, in der ersten Liga, gegen die Roten Schaben aus dem verhassten Schwabenland! 9 Jahre hatte jeder Fan des runden Leders in dieser Region auf den Tag gewartet. Ebenso hat jeder Lokalpatriot auf den Moment gewartet, da man dem anderen verhassten Landstrich endlich einmal eine Lektion erteilen konnte. Es war also keine Frage, dass man – wenn man irgendwie an eine Karte kam – dieses Spiel miterleben musste!

Zum Glück hatte die letzte Reihe in unserem 9er heute ein gutes Unterhaltungspotential mitgebracht und vor lauter „Gummela Gummela Wisste“ kam ich gar nicht zum Grübeln. Da unser Fahrer seinen Job wirklich sehr ordentlich machte waren wir bereits gegen Mitternacht in der Fächerstadt und trafen unsere Brüder am Vereinsheim, die von dort die Nachtwachen koordinierten. Da es aber nur noch ein Zäpfle gab, dass sich Niko irgendwie stibitzt hatte, brachen wir gleich wieder auf ins FP um dort zur lautaufgedrehten Bocca-Juniors-Cd noch einen guten Nachtschluck zu nehmen und mit unseren geilen neuen Tourshirts vor den Karlsruhern zu prahlen, die mit einem grinsen im Gesicht (Wie lange ist der letzte Derbyvorabend her?) ihren neuen Song schmetterten.

Dann kutschierte Jule freundlicher Weise die Ettlingenfraktion im 9er zu ihren Betten. Im übrigen ist „9er“ für dieses Gefährt wirklich ein falscher Ausdruck. Der Bus war so hoch, dass Niko und ich Kniebeugen während der Fahrt machen konnten und wir im „Kofferraum“ mindestens eine Ostkurven-Choreo hätten transportieren können. Im hochgeschätzten Ettlingen angekommen bot uns der Gastgeber noch einen Schlaftrunk an, den wir gern annahmen und wir besprachen den morgigen Tag, die polizeilichen Gebote, die Spruchbänder und was sonst noch so vorauszusehen war.

Um halb Acht war die Nacht dann schon beendet und wir brachen nach der Dusche wieder auf ins Fan-Projekt wo ein Frühstück bereitet worden war. Zusammen mit den bereits anwesenden Straßburgern, den zahlreichen Gastgebern und unseren restlichen Atzen, die erst jetzt angekommen waren genossen wir Brezeln, Croissants, Nutellabrötchen, Kaffe, Radler, Zäpfle und machten es uns auf den beliebten Sofas bequem. Dann tauchten die Pisani auf und das FP füllte sich immer mehr und war irgendwann um die Mittagszeit kurz vorm Platzen. Die armen Barkeeper waren verschwitzt und bekamen nur eine kurze Ruhepause als sich ein großer Haufen Freaks um den Computer ansammelte und Kreisels empfohlene Internetseite beasttube.com betrachtete. Widerlich!

Etwa um 14.30 Uhr ging es dann endlich los. Die gesamte Besatzung des Fan-Projekts machte sich geschlossen auf zum Stadion. Natürlich traf man im Wald außer Fahrradfahrern und Joggern und einem grauhaarigen Lokal-Journalisten niemand. Vor dem Stadion riss ein Karlsruher einer Frau, die mit ihrem Auto an der Ampel stand, die VFB-Fahne vom Fenster ab und Jung und Alt auf der Straße spendete herzlich Applaus! Zitat der Frau (kreischend): „ Du bist so ein blödes Schwein!“ Ich sah mich noch etwas um und betrat dann mit Zottel bei Zeiten die Gegengerade.

Erwartungsvoll fieberte das Stadion auf den Anpfiff hin und das „Badener Land“ wurde sehr laut gegrüßt. Ich schätze zu beginn war die Stimmung einigermaßen ausgeglichen. Das Problem ist halt immer die Plexiglasscheibe hinter der ich stand und mich jedes mal bücken musste, wenn ich hören wollte ob man die Roten hören konnte. Auf dem Platz war es genauso ausgeglichen. Klar hatte Stuttgart die bessere Spielanlage, aber dass verschaffte ihnen keinen wirklichen Vorteil. Der KSC kämpfte sich ins Spiel und hatte schon in der ersten Halbzeit einige gute Chancen. Im zweiten Durchgang wurde Karlsruhe noch Spielbestimmender und erzielte durch Tamas Hajnal verdient das 1:0 und hielt das Ergebnis sicher bis zum Ende!

Die Gegengerade war mit der Verbesserung im Spiel klar überlegen und sang so laut, dass ich meine Gänsehaut fast gar nicht wegbekam. Die mehrfachen Hüpfeinlagen unter dem Motto „Wer nicht hüpft, der ist ein Schwabe“ wurden vom Großteil des gesamten Stadions mitgemacht. Einen Dämpfer in der Stimmung gab es, als die Stuttgarter einen kurzen Moment ein schwerlesbares Transparent präsentierten, auf dem im Endeffekt wohl „Mosel -rockt“ gestanden haben soll. Jeder las natürlich sofort die Anspielung auf das Gedenkkonzert „Moser rockt“. Für einen Moment standen alle unter Schock, niemand konnte glauben, dass die Hurensöhne wirklich zu so etwas fähig sind. Selbst wenn wirklich „Mosel“ geschrieben stand, ist es mehr als traurig, dass es Menschen gibt die sich über Verstorbene lustig machen, denn die Anspielung ist unmissverständlich. Ein solches Verhalten hat nichts mit Feindschaft, Rivalität, Derby oder irgendetwas sonst mit Fußball und erst Recht nicht mit Ultra zu tun.

Die Mannschaft wurde mit einer ausgiebigen Humba gefeiert und viele sprachen von einem legendären Sieg. Man konnte gut spüren, was sämtlichen KSC-Fans dieser Sieg bedeutet als man das Stadion durch die Scharen verließ. Doch eine ausgelassene Feierstimmung im Umfeld unserer Freunde gab es nicht. Die Fassungslosigkeit über das Geschehen im Gästeblock war vielen anzumerken und so ging der Abend für uns ruhig zu Ende. Nach einer Apfelschorle im FP verabschiedeten wir uns und fuhren in die Nacht und nach Berlin zurück. Zurück in den ganzen Schlamassel.

Fazit: Ein großartiger Sieg des KSC, der durch das unerträgliche Verhalten der Stuttgartanhänger getrübt wurde.

kbk 2007