Hamburger SV – Hertha BSC 0:1 (20. März 2015)

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Zuschauer: 53.640
Suff, Suff und nochmal Suff

Was für eine Fehleinschätzung! Wir saßen im Sonderzug am frühen Nachmittag und palaverten über die Sonnenfinsternis, Darmstadt 98 und Eierkuchen, als mir vor lauter Ruhe um uns herum eine miese Einschätzung der Lage über die Lippen ging: „Irgendwie fehlt die typische Sonderzugatmosphäre.“ Ich zitiere unsern Freund Fabian R.: „Hast Du nen Bruder? So blöd kann ja einer alleine nicht sein.“ In der Tat. Denn offenbar reichte die kurze Fahrt vom Ostbahnhof bis nach Charlottenburg einigen aus, um auf den zu erwartenden Pegel zu kommen.“ Es hätte mir klar sein müssen. Die drei Worte “Freitag”, “Wochenende” und “auswärts” hätten mir schon reichen müssen, um eine realistischere Prognose abzugeben. Wir waren gerade mal in good old Büchen, als bereits der Notarzt gerufen werden musste. Offensichtlich hatte es ein Herthaner in 1 ½ Stunden geschafft, sich in eine lebensgefährliche Lage zu saufen. Mit dem Arzt habe ich allerdings nicht gesprochen – es bleibt somit bei der Schilderung von Eindrücken.

Inzwischen hatte unsere eigene GSB-Schnaps-Fraktion mit vielen Gleichgesinnten an den Bahndamm gepinkelt, zum zwanzigsten mal den durchlaufenden Ordnern den bekannten Dart-Schlachtruf „Ordner Armee, Ordner Armee“ entgegengebrüllt und die persönliche Beziehung zur Schaffnerin weiter ausgebaut. Dass Freund Kafka als erstes auf den gemeinsamen Fotos zu sehen war, wundert mich nach dem Auftritt bei der Gruppa Süd Weihnachts bzw. 11-Jahresfeier überhaupt nicht. Der Fangesang „Julian-Schieber-Fußball-Gott“ geht im Übrigen gar nicht!
Da fällt mir ein – sogar Bruder Pengo von der Gruppo THC war heute an Bord. Auch er hatte wohl zwei drei Bierchen gezüscht, den er bespritze Pawk und Co erstmal mit ner öligen Mische.

Sonderzugfahrten sind eigentlich immer Highlightfahrten. Alle sind locker drauf, wanken munter durch den Zug, sagen hier und da „Hallo“, trinken ne Möhre usw. Okay, meistens eskaliert es auch, ich will es ja zugeben. Dass es heute allerdings noch heftiger als sonst werden würde, hatten wir inzwischen kapiert. Güsi zog bereits Vergleiche zu Auswärtsfahrten in den wilden 90ern.

Meine Vorfreude auf den zweiten Teil der Fahrt vom Hamburger Hbf zum Volkparkstadion hielt sich angesichts der Tatsachen daher mehr als in Grenzen. Meistens erwartet uns am Hbf eine wilde Bulleneinheit, die auf die kleinsten Ordnungswidrigkeiten lauert, um loszuprügeln. Anschließend werden alle in eine S-Bahn gedrängt, in der Du entweder fasst erstickst oder zerdrückt wirst. Immerhin gab es heute Sonder-S-Bahnen. Das ist schon einmal ein Fortschritt – denn einen kompletten Assi-Sonderzug auf den regulären S-Bahn-Verkehr und damit die normale Bevölkerung loszulassen, „is mit Verlaub a bissl dämlitsch“. Die Bullen hielten sich trotz einiger Kleinigkeiten auf dem S-Bahn-Gleis erstaunlicherweise zurück. Das Chaos war trotzdem groß und so wurde der Mob auf zwei Züge aufgeteilt. In Othmarschen wartete dann genau ein Shuttlebus auf uns. Weitere folgten im 15-Minuten-Takt oder so. Die Berliner Schlachtenbummler waren mit ihren vielleicht 2000 Leuten offenbar zu viele für das ausgeklügelte System. Wie soll das bei den olympischen Spielen klappen? Kann mir egal sein. Als ich endlich in einen Bus gelangt war, war es schon kurz vor dem Anpfiff. Die aktive Szene wartete am Stadion, bis auch die letzten bekannten Leute mit den Bussen angekommen waren und begab sich dann mehr oder eher weniger geschlossen ins Gedränge an den Eingängen. Mir wird noch jetzt schlecht, wenn ich daran denke. Es war so nervig und dauerte noch einmal ne ganze Weile!

Mit viel Glück war ich um 20:29 im Gästeblock, in dem – wie zu erwarten – die nächsten Quetschungen warteten. Vor allem in den ersten Reihen war es einfach krass voll. Für Felix war es dann irgendwann sogar zu viel und er musste dringend raus aus diesem Bereich. Kann ich verstehen!
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Die Stimmung litt im unteren Bereich sowohl an der engstehenden Masse, als auch am Alkoholspiegel der Schlachtenbummler. Durch den guten Auftritt des Oberrings war der Support dann insgesamt aber noch okay. Ich kriege es trotzdem nicht in den Kopf. Überall stehen Suffatzen rum, die im Sonderzug drei Stunden am Limit ballern und grölen, jetzt aber den Mund nicht aufbekommen. Holen die Luft für die Rückfahrt oder was? Ich war so genervt, dass selbst ich mir ein lautes „Jetzt singt doch endlich mal mit man!“ nicht verkneifen konnte. Auf dem Platz gab es das erwartete Geplänkel zwischen den Abstiegskandidaten, wobei dem HSV im ersten Durchgang ein Tor aberkannt wurde. Hertha blieb lange Zeit blass und auf die Verteidigung konzentriert. Im Nachhinein mag die Taktik aufgegangen sein. Ich finde sie trotzdem mehr als gewagt. Der Siegtreffer fiel in Herthas bester Spielphase – der Schlussphase. Getroffen hat die Nummer 15, Sebastian Langkamp, in der 84. Minute. Ausgerechnet Langkamp. Damit war der Auswärtssieg im so wichtigen Kellerduell geschafft. Riesiger Jubel im Gästeblock, der irgendwelche Vögel dazu veranlasste, zwei Blinker auf den Rasen zu werfen. Dem Pöbel war heute einfach alles zu zutrauen! Ich wundere mich, dass den Spielern beim Klatschen vor dem Gästeblock nicht die Böller um die Ohren flogen.

Auf der Heimseite war, wie zu erwarten, sehr wenig los. Die Stimmung wird – wie alle wissen – nur noch von PT’98 angekurbelt, die bemüht waren. Allerdings sah es so aus, als hätten interne Prügeleien heute für starke Einschränkungen gesorgt. Insgesamt ein sehr sehr schwacher Auftritt der Heimfans. Im Nachbarblock gab es zwischenzeitlich sogar ne Schlägerei zwischen weiblichen Fußballfans. Hab ich so auch noch nicht gesehen. Aber warum eigentlich nicht? Mädels, haut mehr auf den Putz!

Nachdem Spiel das selbe Spiel. Chaos und nervige Situationen überall. Der Shuttlebus, der mich nach Othmarschen zurückbrachte, brauchte sage und schreibe 45 Minuten für die paar Kilometer, u.a. weil irgendwelche Hirnis ständig den Nothahn betätigen mussten and so forth. Inzwischen hatte der berühmtberüchtigte „Streit im Suff“ auch die Gruppa erreicht. Auweia. Leider fehlte uns Timo – „der Kleber“ – um als Mediator zu wirken. Unsere Laune besserte sich allerdings spätestens beim Domowtschijski-Walerie-Du-supergeiler-Typ-Dauergesang wieder und wir konnten die letzten Stunden im Sonderzug angenehm verbringen. Die Ordner konnten derweil nach der hundertsten Patrouille über den „Ordner Armee“-Ruf nicht mal mehr müde grinsen. Der Zug war schließlich inzwischen komplett bepisst, besudelt, bekackt und auseinandergenommen. Ich habe wirklich Mitleid mit der Putzkolonne.
Die Leute raffen es einfach nicht und somit ist die Absage des Hannover-Sonderzuges leider die richtige Konsequenz des Vereins. Vielleicht begreifen es die Vögel jetzt, dass das eigentlich UNSER Zug ist? Wer weiß. Vermutlich bleibt doch alles beim Alten. Es sei denn Hertha steigt in die vierte Liga ab – dann sind wir unter uns. Aber das wollen wir uns natürlich nicht wünschen.

So, das war‘s. Wir brauchen als nächstes unbedingt den Dreier gegen Paderborn. Danke noch an Fliese, der Quadrati und mich schnell noch nach Hause brachte und dabei Slipknot aufdrehte. Aha, das hörst Du also privat.

KBK*15