Hoffenheim – Hertha BSC 2:1

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Zuschauer: 30.150

Ein langersehntes Wochenende mit der Blau-Weißen-Achse

Teil II

Der Morgen danach!

Wer diese drei Worte liest oder hört, ahnt sofort was folgen wird: Meistens interessante Bilder und nette Anekdoten. Tête, Pierre-Luc und ich verließen die Wohnung im Herzen von Strasbourg, um bei strahlend schönem Sonnenschein in Richtung Hauptbahnhof zu schlawenzeln. Dort waren wir mit Loic und co und natürlich der Gruppa zum Frühstück verabredet. Die Gruppa war tatsächlich da, die anderen waren aber offensichtlich noch nicht ansprechbar. Also Plan B – wir suchen uns irgendeine nette Boulangerie. Auf Pierre-Luc war wieder einmal verlass und so führte er uns durch die Gassen zu einer kolossalen Bäckerei. Ich dachte vorher eigentlich nur an Baguette und Croissant. (Dass einige Gruppa-Experten tatsächlich schon am frühen Morgen Baguette bei LIDL gekauft hatten geht auf keine Kuhhaut! Kulturbanausen der schlimmsten Sorte!!) Aber hier gab es ein enormes Angebot. Mein persönliches Highlight: Croix à la cannelle. Wir hingen lässig am Jll-Ufer ab, fragten uns nicht, warum ein Klappstuhl in der Baumkrone hing und ich dachte nur: „Können wir nicht einfach länger bleiben?“

Mike wollte mir dann klar machen, dass er wieder klar – id est fahrtüchtig – sei, da er ja seit mindestens 07:00 Uhr nichts mehr getrunken habe. Abgelehnt. Wir verabschiedeten Pierre-Luc, damit er sich endlich um seine Freundin kümmern konnte (Danke für alles Kumpel!) und ich fuhr das Monstrum leider wieder Richtung Deutschland. Nach kürzester Zeit schlief die ganze Besatzung den Schlaf der Säufer und auch mir wurden die Augen schwer. Da hatte Luke plötzlich einen Geistesblitz: „Wer will Pfeffi?“ So erwachte die hintere Reihe und ich hatte etwas Unterhaltung auf dem Weg zum Treffpunkt in Karlsruhe.

Hier wurde unser romantischer „Morgen danach“ mit einem Male dreckig und gruselig. Junge Junge, die anderen müssen doch mächtig nen Vogelschwarm abgeschossen haben. Die Visagen sahen so heftig aus, dass es kaum zu glauben war. Am miesesten hatte es eine bekannte Harlekins-Ikone aus Lichtenberg erwischt. In einer völlig unnatürlichen Lage hing er zusammengeklappt wie ein Klappmesser irgendwie eingeklemmt im Neuner, das Gesicht komplett mit seinem T-Shirt verschnürt, dazu klitschnass und bewegungslos. Ich machte mir ernsthaft Sorgen. Aber Ludi ist kein zimperlicher Mann und so schüttelte er unseren Kumpel kräftig durch und brüllte ihn laut mit „WAT IS DENN HIER LOS???“ oder so ähnlich an. Eine kurze Gesichtsbewegung war als Reaktion wahrzunehmen und somit war der Notarzteinsatz beendet. Patient lebt noch.

Sämtliche 9er aus Berlin sammelten sich, dazu unzählige Karlsruher Autos, eine Reisegruppe Straßburger (ah, da waren sie ja wieder!) + Schubi und sogar ein Auto mit älteren Kollegen aus Pisa, um gemeinsam den hässlichsten Teil des Wochenendes schnell hinter sich zu bringen. Zwischen Karlsruhe und Sinsheim liegen ja nur wenige Autobahnkilometer. Trotzdem wurde nach 20 Minuten die Raste angefahren. Es ist ja auswärts! Etwas verzweifelt bat mich eine bekannte Ikone der Pisani, ihm bei der Grassuche zu helfen. Natürlich, sofort. Mein erster Versuch war natürlich die Gruppo THC. Und nun der Skandal: Sie hatten alles weggebarzt. K.F. berichtete, dass er an diesem Morgen bereits sieben Joints mit den Italienern weggesplattert habe. Puh. Immerhin steuerten die neben bei ja auch noch ihr Auto! Zweiter Versuch: Hauptstadtmafia. Check. Problem gelöst, beziehungsweise weitervermittelt und weiter ging’s.

Dass wir erstens für den Gästeparkplatz zahlen mussten und zweitens die beschissenen Ordner am Eingang wieder richtig Terz machten, war der Anfang vom Elendsspiel in Sinsheim. Dort gibt es einen richtigen Käfig aus Zaunelementen in dem die Zaunfahnen-Verantwortlichen einzeln kontrolliert werden. Ich bin schon wieder fast ausgerastet. Im Block hielten wir heute besonders oft unseren Doppelhalter mit der Aufschrift „Mehr Fußball – weniger Geschäft“ hoch. Es gilt ja grundsätzlich und immer in der Bundesliga. Aber heute doch besonders! Unfassbar wie das hier alles auf die Nerven ging. Die ganze Show mit dem tollen Engagement für die Region. Ekelhaft. Die kleinen Dorfvereine freuen sich natürlich wie Bolle, dass sie mit dem großen Bundesligisten zu tun haben und merken gar nicht, wie sie für eine miese Image-Kampagne benutzt werden. Während des Spiels kommen dann alle fünf Minuten die neusten Verkehrsnews und Informationen über eventuelle Zugverspätungen von 5-10 Minuten nach dem Spiel. Dass Service so nerven kann, war mir vorher gar nicht bewusst. Immerhin lenkte das ganze nervige Theater etwas vom grausigen Spiel auf dem Rasen ab. Wer die Wahl zwischen „nervig“ und „grausig“ hat, muss eigentlich zwingend notwendig die Sinn-Frage stellen. Das unterlasse ich hier.

Was ärgert mich am Spiel unserer Hertha am meisten? Ich bin mir nicht sicher, ob ich es schon einmal in meinen Berichten erwähnt habe. Aber es kann ja nicht schaden, es noch mal deutlich zu machen. Mich nervt kolossal, dass die Spieler den Eindruck vermitteln, als sei eine 1-2 Niederlage gegen Hoffenheim ein Erfolg! Als seien knappe Niederlagen gegen Bayern, Gladbach und Dortmund (da war es nicht mal knapp) ein Erfolg. Wir haben nur diesen schwachen Punkt gegen Frankfurt geholt. Sonst gar nichts! Und das zum Saisonfinale, wo sich alle ins Zeug legen. Selbst Paderborn hat da offensichtlich (laut Sportschau) mit mehr Einsatz gespielt. Wer mit einer solchen Einstellung in das Spiel geht, oder viel mehr herauskommt, hat es eigentlich nicht verdient in der Bundesliga zu bleiben. Dardai und die Geschäftsführung haben sich dann später auch noch in dieser Art ausgedrückt: Wir haben den Klassenerhalt aus eigener Kraft geschafft. Ich könnte brechen. Wir haben verdient verloren. Wir sind nur in der verdammten ersten Liga geblieben, weil wir verdammt verdammt verdammt noch mal Glück hatten, dass die anderen Spiele gelaufen sind, wie sie gelaufen sind. Am Ende trennte uns nur die Tordifferenz vom Hamburger SV und der Relegation. Was soll ich denn zu dem scheiß Spiel schreiben? Roy Beerens schoss irgendwie das Hertha-Tor etwa ne Viertelstunde vor Schluss. Die Schlachtenbummler riefen laut und überzeugend „Schnauze, Schnauze, Schnauze“ in Richtung der Heimseite. (Hat mir sehr gut gefallen!) Und sonst? Unsere Reaktion war Kopfschütteln und tiefes Durchatmen. Keine Freude! Andere forderten „Preetz muss raus“. Wenigstens bekamen die Verantwortlichen am Dienstag danach auf der MV halbwegs ordentlich die Leviten gelesen. Ich finde es aber eine Frechheit, dass die Mannschaft nach den üblichen 3 Minuten auf der Bühne einfach so traditionell in den Urlaub geschickt wird. Wenigstens die Versammlung über hätten sie sich die Kritik mal anhören sollen.

TSG Hoffenheim - Hertha BSC  022So, das muss reichen. Raus aus dem scheiß Stadion! Weg hier. Der einzige, der irgendwie noch bei Laune war, war Futschi-Guido, der auf die Melodie von „Hier geht jeder für jeden durchs Feuer“ (diese WM-Scheiße) laut „der Gruppa Süd ist nichts zu teuer!“ sang. Der Grönemeyer-Schlenker kam dabei richtig gut rüber. Allerhand Kollege! Der Hintergrund ist auch seit längerem bekannt: Seit dem etwa 80% der Gruppa ne Festanstellung haben, gelten wir als die „Gruppa der Reichen und Schönen.“ Mit meiner Ausnahme natürlich. Da können wir uns so ein Hoffenheim-Erlebnis schon mal leisten. Kein Problem.

Die Gruppa ließ mich etwas später am Südstern raus, wo ich meinen Gastgeber und seine Spezialgäste von der Gruppo, beziehungsweise der Sektion „Wedding-Ettling-Assozial“ traf. Auf mich wartete im Ettlinger Kühlschrank ein Krombacher Alkoholfrei (Dr. Clausthaler habe ich im Moment etwas über) und ein herzliches Hallo nach langer Zeit. Es war schön, wieder da zu sein. Die Sachen landeten in einer Ecke und dann ging es mit der Straßenbahn zurück nach Karlsruhe. Pierre trug Verse aus dem Faust-Prolog vor, was den anderen beiden offenbar auf den Puffer ging. Ich fand es eigentlich ganz nett. Der Gruppa-Rest hatte derweil im Hostel eingecheckt und 60er entdeckt. (Falls das interessiert.) Dann entgleiste eine Straßenbahn, wie es aussah. Immerhin nicht unsere. Unsere Wald und Wiesen Fraktion (was für ein lahmer Scherz!) ging dann lieber zu Fuß weiter. Dass wir Naturfreunde sind ist ja nicht erst seit den Floßtouren bekannt. In der Gerda Glotz vom Fernsehen-Anlage – oder hieß sie nun doch Günther-Klotz-Anlage? – trafen sich die befreundeten Fanszenen zum Grillfest. Hier fiel dann bald eine weitere Harlekins-Ikone auf, die für allerlei Schabernack und Lausbubenstreiche bekannt ist. Kolossale Unterhaltung, aber die Details verschweige ich lieber, denn sie gehen eh auf keine Kuhhaut.

Nach zwei Bratwürsten und nem kleinen Spaziergang durch die Gegend, schloss ich mich einer Kneipentruppe an. Jetzt war es mal wieder so weit, dass mein Bauch nicht mehr mitspielte (ich hasse es!) und ich musste richtig flitzen, zur Belustigung der Anderen. Ja klar, das ist ja bekannt. Erzählt die Anekdoten ruhig weiter. Ich fand jedenfalls ein Hotel in der Nähe und war gerettet. In Berlin hätten sie mich vermutlich abgewiesen. Immerhin stand ich da am späten Abend unrasiert und wie immer unfrisiert, abgehetzt in meinem verschwitzten, ausgeblichenen, zehn Jahre alten Gruppa-Shirt in der Lobby und hätte auch gut ein Junkie oder Alki sein können. Aber Ihr wisst ja wie das in Karlsruhe läuft. Ich wurde total freundlich begrüßt und die Dame zeigte mir schnell den Weg zu den Toiletten. Ach ja, freundliche Menschen können wirklich gut tun.

Die anderen waren inzwischen in der verabredeten Kneipe angekommen und aßen und tranken und blödelten rum. Alles wie erwartet. Freund Blase hatte beim Verkehrsschilder-Umtreten sein Feuerzeug verloren. Man steckt oft nicht drin! Tut mir echt leid, aber ich rauche auch nicht. Für mich gab es jetzt natürlich nur eine Wahl: Kamillentee. Wieder machte ich mich zum Gespött bei den harten Alkoholikern, wobei mir manche auch Respekt zollten. So nüchtern wollten sie auch schon einmal sein! Einige Berliner waren inzwischen zwei-Tage-wach und ballerten unablässig sehr hart am Limit, immer mit einem Lied auf den Lippen. Das Liedgut wechselte von „Livorno merda“ zu „Auferstanden aus Ruinen“. Au Backe. Die Wirtin hatte bald genug und klagte mehrfach, bis die Bullen natürlich anrückten. Wie jedes Mal! Unsere Ettlinger Reisegruppe verabschiedete sich bald darauf, da unser Bock auf Stress mit den Bullen gegen Null tendierte. Kurze Zeit später saßen wir bei Bier und Kamillentee im Milano, als draußen wieder die Bullen blinkten. Der Mob war uns gefolgt. Wieder einmal. Naja, zwei Möhren noch und dann reichte es aber auch. Immerhin stand in einigen Stunden schon das dritte Entscheidungsspiel des Wochenendes an. Wir teilten uns ein Taxi (wobei ich wieder an „Der Gruppa Süd ist nichts zu teuer“-Ohrwurm denken musste) und bald schlief dann ein Gruppa-Miglied an der Seite eines Gruppo-Mitglieds. Ich glaube das war eine Primäre. Oder? So etwas hätte es doch früher nicht gegeben!

Fazit: Das war der letzte Herthabericht über die Profis in dieser Saison. Wobei ich echt versucht habe noch weniger als sonst über Hertha zu schreiben. Mir reicht‘s erstmal für diese Saison.