Hertha BSC – Bayern München (1:3) (8.5.10)

      Kommentare deaktiviert für Hertha BSC – Bayern München (1:3) (8.5.10)

Hertha BSC - FC Bayern Muenchen  012Meine Damen und Herren. Es ist soweit. Der GSB Informationsdienst bestätigt das letzte Bundesligaspiel der Alten Dame. Der alte Traditionsclub von 1892, Hertha BSC gegen den deutschen Rekordmeister FC Bayern München, die Versager des Jahres gegen die Übermannschaft der Saison 2009/2010.

Seit dem Abstieg in Leverkusen war also klar, dass wir unser letztes Spiel in der 1. Liga erleben sollten. Eine Frage stellt sich jeder: Für wie lange war es das letzte Spiel?
Ich gebe keine Prognose ab. Aber langjährige Bundesligamannschaften wie der TSV 1860 München, oder andere berüchtigte Fahrstuhlmannschaften (MSV Duisburg, VFL Bochum usw.) zeigen in welche Tristesse so ein Abschied führen kann. Das furchtbare Beispiel FC Hansa Rostock will ich eigentlich gar nicht nennen. Und während wir so überlegen was dieses letzte Spiel von Hertha in der Bundesliga bedeutet, dient das Olympiastadion und den 75.000 Menschen (mit Extratribüne am Marathontor) einer ganz anderen Bühne.
Fast wie beim Spiel gegen Galatasaray waren Blautöne im weiten Rund eher spärlich vertreten. Wie viele Bayernfans im Stadion waren konnten wir sehen, als der ehemalige Herthaspieler (nun Weltstar) Ivica Olic in der 20. Minute zum 0:1 traf. Ein ganz komisches Gefühl war das. Um Hertha ging es gleichsam gar nicht.

In der Kurve war heute kaum was los. Einige bekundeten Hertha BSC mit Gesängen ihre Treue, andere saßen stumm auf ihren Plätzen und schienen eher ins Leere zuschauen, als dem Spiel zu folgen. Wieder ganz andere – eher peinliche Gestalten – zeigten den Bayern wie sehr sie sie hassen. So sah es aus in der Ostkurve Hertha BSC. Aus den Reihen der aktiven Fans und Ultras gab es etliche Spruchbänder, oder kleinere Transparente. Allen voran hing ein Zitat von Michael Preetz über der Ostkurve: „Wer nicht alles gibt für Hertha BSC, der hat auch keinen Platz bei Hertha BSC“. Weitere Sprüche waren: „Für Euch ist Hertha: Absteigen und gehen. Für uns: immer bleiben.“; „Funkel raus“; „ „Scheiß Hertha BSC“? Tremmel verpiss dich!“; „Versager“; „Funkel verpiss dich“.. usw. Der Wortwahl ist die Verbitterung und Sorge um die Zukunft deutlich anzumerken.

Nicht unwichtig ist mir noch zu nennen, dass die Harlekins zusammen mit der Schickeria eine Spruchbandaktion zu den Aktionsspieltagen „Our Game – Our Time“ präsentierten. Vom 30. April bis zum 16. Mai gab es in vielen Ländern Europas Aktionen zum Thema der Anstoßzeiten. Es ist enorm wichtig, dass sich die aktiven Fans sämtlicher Länder und Ligen für diese gemeinsame Sache engagieren. Ansonsten wird der Fußball immer weniger der bleiben, als den wir ihn kennen gelernt haben (und was sollen da erst Generationen sagen, die ihn noch ganz anders erlebt haben?). Mehr Infos findet ihr unter hb98.de und .
Das die Aktion gemeinsam mit der Schickeria München stattfand ist meiner Meinung nach genau der richtige Ansatz. Nur gemeinsam kann man etwas bei solchen Problemfeldern erreichen.

Überhaupt mal ein paar Worte zum Gästeblock. Gute Laune – Stimmung und ein lautstarker Dauergesang „Deutscher Fußball Meister FCB“, bekannt von der Melodie zum Lied „We’re not gonna take it“ (Donots, Twisted Sister, Vegalta Sendai Supporters, Vfl Bochum, FC St.Pauli, Borussia Dortmund, Eintracht Braunschweig und so weiter..). Aber es kam schon gut! Das muss ich bei aller Jut-Jub-Lästerei gestehen. Dazu, mit einem augenzwinkernden Gruß nach Hannover und Ettlingen, gibt es die Note „Sehr gut“ in der Kategorie „Tifo“. Man kann sagen „Die Welt sollte sich bunter gestalten“ wurden von den FC Bayern Ultras wirklich umgesetzt. Also insgesamt war der Auftritt viel besser als in den Jahren zuvor. (Gut, sie feierten auch die Meisterschaft.) Es ist schon wirklich erstaunlich, was die Ultras bei diesem Verein in München noch auf die Beine stellen können, obwohl sie ja regelmäßig von der Sippenhaftskeule getroffen werden. Die übrigen Bayerfans im Stadion waren dagegen so was von Emotionslos. Das war auch sehr krass. Mike Miller zitiert in diesem Zusammenhang gern einen jungen Turner von DSB mit den Worten „Wenn Hertha hier Meister wäre, würden Leute aus dem Oberring runter springen und von unten welche hoch..“. Deutscher Meister Hertha BSC. Oh Hilfe. Wäre das hier ein Schulaufsatz, müsste es heißen „Thema verfehlt“. Man scheiße, das tut echt weh.

Während nun -ausführlich beschrieben- der Gästeblock lautstark feierte und die restlichen Zuschauer im Stadion rumdümpelten schoss Ramos das 1:1. Es wäre wirklich groß, wenn der Spieler bleiben könnte. Aber wer glaubt das schon? Übrigens wäre das 1:1 eigentlich mein Wunschergebnis für dieses allerletzte Spiel gewesen. Kein Sieg (das wäre nach dem sicheren Abstieg einfach viel zu bitter, Verarschung, Hohn und Spott), aber auch keine peinliche Klatsche. Doch es mangelt den Bayern ja nicht an Ausnahmespielern und so traf Herr Robben (der erstaunlicher Weise im gleichen Jahr geboren ist wie dieser Schreiber hier) noch zwei Mal.

In der Schlussviertelstunde wurde dann eine hervorragende Sicherheitstaktik des Ordnungsdienstes umgesetzt. Hut auf! Ich hab sie nicht gezählt, aber es kam mir vor, als hätten hunderte Orange-Hemden (findet sich hier eine politische Konnotation oder nicht?) vor der Ostkurve Stellung bezogen. Dazu wurden zahllose Hürden aufgebaut und die Krönung kam zum Schluss: Bullen vor der Ostkurve. Eine Phalanx grüner Kämpfer marschierte zwischen Tor und Kurve. Meine Fresse. Was erwarten die Idioten denn? Noch einen Platzsturm? Es war auch klar, dass der Bullenaufmarsch die Masse nicht beruhigte, sondern eher dafür sorgte, dass etliche Gegenstände auf die Tartanbahn flogen. Nachdem Abpfiff begann die offizielle Feier zur Übergabe der Meisterschale. Von den Versagern ließ sich keiner mehr blicken, oder sagte etwas. Und das Ordnungsbollwerk bewegte sich keinen Zentimeter von der Stelle. So mussten wir die ganze Zeremonie in unserem Stadion über eine Stunde lang ertragen, bis die Fahnen vor der Kurve abgehängt werden konnten. So ein bescheuertes Ende dieser Abstiegssaison..

Nachdem wir endlich abbauen konnten, fuhr ich rasch mit der Ringbahn in meine WG um noch 1-2 Stunden den Schlafversuch zu wagen, bevor es zur Saisonabschlussfahrt nach Karlsruhe gehen sollte. An übrigens jene Schwestern und Brüder sei noch ein herzlicher Gruß gerichtet. Bei fast jedem Spiel dieser Rückrunde hatten wir Unterstützung aus Baden! So auch heute. Vielen Dank. Auch an die Jungs aus Strasbourg, die in ordentlicher Zahl extra aus unserem Nachbarland angereist waren. Merci et adieu. Denn das wars, in jeglicher Hinsicht. Und deswegen braucht es heute auch kein Fazit.

kbk 2010