Ljubljana – Hertha BSC (0:2) (UEFA-Cup Quali) (14.8.08)

      Kommentare deaktiviert für Ljubljana – Hertha BSC (0:2) (UEFA-Cup Quali) (14.8.08)

LjubljanaTeil 1

Mittwochabend 20 Uhr. Eine perfekte Zeit um Stullen zu schmieren. Nicht etwa um ein gewöhnliches Abendbrot im Kreise von Grauköpfen einzunehmen, nein es ist die perfekte Zeit sich auf eine Auswärtsfahrt vorzubereiten. Ich hatte mich für Käse und Vollkornbrot entschieden, mit der Hoffnung, dass so beschmierte Stullen länger haltbar sein könnten als zum Beispiel Wurst. Ein paar Wiener und Karotten sollten die Sache noch beleben.
Ein bisschen unwohl war mir schon. Vor meinen Augen breiteten sich schon einmal die folgenden 4 Tage aus, an denen jeweils ein Fußballspiel anstand. An viel musste gedacht werden. Kleidung mit Vereinsbezug und neutral (man weiß ja nie), Waschzeug (man weiß ja nie), Unterwäsche und Socken (man weiß ja nie), Regenschutz (man weiß ja nie), Notschlafutensilien (man weiß ja nie), sehr viel Verpflegung , denn die Fahrt ist schon so teuer genug, Getränke und Sonnenmilch (in Slowenien soll es heiß sein), Lesestoff (man weiß ja nie), Fahnen und na klar: die Trommel, samt Stöcken. Gummistiefel? Vielleicht nicht nötig, aber sicher ist sicher.
Leck meinen kleinen Zeh, war ich bepackt. Ich war so behangen mit sämtlichen Krempel, dass fast die komplette Breite einer gewöhnlichen S-Bahntür nicht reichte, um mich in die Bahn zu lassen. Als ich wie ein bepackter Lastelefant aus Bandar Seri Begawan (Brunei), unter die Augen der Mitreisenden trat, war das spöttische Gelächter natürlich berechtigt.

Kurz vor Mitternacht fuhr dann ein voller Doppeldecker ab in Richtung Süden. Leider waren einige Insassen vom Sommertunier auf der verbotenen Insel ziemlich beeinflusst und somit war der Hitmix für die Katz. Viel besser gefiel es mir natürlich, als langsam aber sicher der Hupensong in ein klassisches Zirkuslied verwandelt wurde. Vor meinen Augen tobten Feuerreifendurchspringende Affen umher, die Apfelsinen jonglierten und fast vom Grillmeister, mit Schürze um, der auf einem Einrad Eindruck bei jungen Frauen schinden konnte, umgefahren wurden. So verbrachten wir die letzten Stunden der Nacht mit Zirkusfreuden und raubten – hiermit bitte ich um Verzeihung – den meisten Kollegen und Kolleginnen im Hinterbus den Schlaf. Als die Sonne aufging waren wir in Nürnberg und luden unsere Kumpels aus Karlsruhe und Strasbourg auf.
Nach einer wenigstündigen Mütze Schlaf, die unterbrochen wurde von Zirkushupen, erblickten meine Augen die Schönheit der Natur. Unser Bus hatte endlich die deutsche Grenze hinter sich gebracht und befand sich in Österreich. Freund Blase aus Ettlingen las, von Codolfs poetischen Liebeserklärungen an die Frauenbrustähnlichen Berge inspiriert, aus einem Gedichtband von Friedrich Nietzsche vor. „Eis“ war glaub ich das beste. Mitgebracht hatte hatte das Reclamheftchen Herr Dörflein, wer auch sonst!?

Langsam wurde die Fahrt länger. Draußen stieg die Sonne immer höher, doch waren wir ja in der klimatisierten Hypervariante eines Omnibusses sicher aufbewahrt vor der vorsaharischen Klimazone. Ohne das etwas besonderes zu berichten wäre (ick schob mir ab und zu ne Wiener, samt Volkornkäsestulle) reisten wir noch viele Stunden und waren dann südlich von Österreich in Slowenien angekommen. Ich hatte mir das Land ganz anders vorgestellt. Eine Mischung aus einem deutschen Mittelgebirgszug und einem balkanischen Tal. Teilweise sah die Gegend westlicher aus, als manche deutsche Provinz. Leider ging es nicht in die Hauptstadt Ljubljana, sondern nach Celje, aber im Grunde genommen war es auch Schnuppe. Nach der Ankunft wurde ein Bild der Auslandsreisenden geschossen und dann ging es geschlossen ab in die Altstadt (wir hatten noch 8 Stunden bis zum Anpfiff), wo die Berliner Schlachtenbummler einen netten Biergarten besetzten. Das Bier vom Fass war nicht verkehrt, aber auch nicht weltbewegend. Die Bullen hielten sich bisher vorbildlich zurück und warteten nur an der nächsten Straßenecke mit 2 Autos. Die Mütter der schönsten Töchter der Stadt schickten diese dann auf eine Art Laufsteg, der genau an uns vorbei ging. 2 Stunden lang liefen die jungen Frauen auf und ab, zur lauten Freude unserer Suffis. So ganz missfallen hatte das den Mädels scheinbar nicht, schließlich hätten sie auf ihren Rückwegen auch ne andere Straße nehmen können. Die Alten Männer in der Kneipe gegenüber waren augenscheinlich gut amüsiert und klatschten oftmals bei „Wir lieben dicke Titten und den Suff..“ grinsend mit. Wie viel deutsch verstanden die wohl? Wie dem auch sei, Männer sind allesamt verschweint. Pardon verehrte Damenwelt!

Irgendwann brachen wir in Richtung Stadion auf und liefen mit unseren 80 Leuten gleich mal auf der Straße und ließen Herthalieder von den Wänden der alten Häuser zurückschallen. Nicht erst dadurch waren wir auffällig geworden. Demzufolge war klar, wer hinter einem Wohnblock auf uns wartete: Die Celje Hooligans. Na ja ganz so schlimm waren sie nicht. Zwar warfen sie Fackeln auf uns, doch suchten sie schnell das Weite als ein paar Leute mal gucken wollten, wer da überhaupt wirft. Aha, erkannte man doch gleich unter ihnen einen Kellner wieder, der noch vor 15 Minuten freundlich Pizza servierte. Die Welt ist ein Dorf. Erwähnenswert war auch die Bemerkung eines Beamten zum Herthaanhang im gebrochenen deutsch: „Ach lasst die doch Jungs, die sind noch Kinder.“ Den Zwischenfall nicht wirklich als „Angriff“ einstufend, liefen wir weiter zum Stadion, kreuz und quer durch eine Kleingartenanlage, bei der die Grundstücksverteilung noch klassisch ablief. Wer zu erst kommt malt zuerst und somit grub sich wer mochte ein kleines Stück Wiese um zum Beet. Fantastisch gelebte Anarchie.
Am Stadion mussten wir noch warten, da die Tore erst ne halbe Stunde vor dem Anpfiff öffneten.
Dann ging es rein in die gute Hütte. Das Stadion war in Gelb-Blau (des heimischen Vereins wegen) gehalten und war Teilüberdacht. Mich erinnerte es etwas an Odense, Michael lehnte diesen Vergleich strikt ab. So dann wurden die Berliner Zaunfahnen aufgehangen, was nicht weniger Platz benötigte als die komplette Hintertortribüne.

Anpfiff. Der Herthaanhang machte schwer krach und gegenüber konnte sich die Trommelgruppe aus Ljubljana nicht durchsetzen. 2000 Zuschauer hatten sich eingefunden, die meisten schienen davon allerdings eher neutraler Natur zu sein. Die Mannen der Alten Dame kickten langsam vor sich hin und waren damit schon besser als die Interblock-Mannschaft. Nach einer Viertelstunde traf Pante, nach einem Torwartfehler zum 1:0. Die Freude der 200 Herthaner war so groß, dass Berlin mit einer Pyroshow abfeierte. Im Nachhinein sollte dies zum bitteren Verhängnis werden. Zur Halbzeitpause wurden etliche Leute nach Gutdünken festgenommen und konnten nur durch eine absurd hohe Lösegeldzahlung wieder befreit werden. Viel Hektik und Dramatik, bei der das Spiel völlig unterging. Das 2:0 in der 81. Minute, wieder durch Pantelic, bekam fast niemand mehr mit, da alle mit der undurchsichtigen Situation beschäftigt waren, die fehlenden Leute wieder zu bekommen. Am Ende wurde eine Geldquelle gefunden, die die Befreiung und somit unsere pünktliche Abreise ermöglichte. In jedem Fall hat sich die örtliche Polizei die Kaffeekasse ordentlich aufgefüllt.

Erschöpft biss ich in eine lauwarme Wiener (es war heiß in Slowenien) und schlief auf der Rückbank noch ein, bevor wir so etwas ähnliches wie eine Autobahn erreichten…

Fazit: Bislang erfüllt Hertha alle Pflichtaufgaben makellos.

kbk 2008