RC Strasbourg – Bastia (1:0) (15.8.08)

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normal_rcsbastia4Teil 2

Genau so war es: Eingestiegen, eingeschlafen und aufgewacht – in Nürnberg. Du liebe Zeit. Hatte ich etwa die ganze Nacht durch geschlafen? Nein, da war doch noch irgendwie ein Zwischenstopp auf einer Raste in Österreich, wo Leo bei der Hinfahrt Menschenunrat fand und Ekelanfälle bekam. Und dann war ich doch noch Esteban Codolfo auf den Zeh gelatscht, weil dessen weiße Socke sich inzwischen farblich nicht mehr vom Fußbodenbelag des Nightliners unterschied. Oder hatte ich das nur geträumt? Wie spät ist es denn? Was soll das Licht? Aha, in Deutschland regnet es, ätschbätsch für alle die keine vernünftige Kleidung dabei hatten, mich aber verspotteten.
Jetzt quakte auch der Fahrer ins Mikro, dass wir den Zwischenhalt Nürnberg-Hauptbahnhof erreicht hätten. Okay, ich griff meine 7 Sachen und schlurfte unter der Schranke hindurch (Habt ihr schon mal eine Schranke an Samsons Platz montiert gesehen? War aber wirklich so.) in die fränkische Morgenluft. Draußen standen die Geplätteten der Busbesatzung und waren mit Rauchen und den üblichen Pausenbeschäftigungen Teil dieser Welt. Ab und an lief eine miese Visage (wohl arbeitende Bevölkerungsteile) an mir vorbei, doch noch fehlte mir die Kraft zur Freude. (Ist mir doch fast das Motto einer Reiseidee aus düsteren Jahren über die Tasten gerutscht. Pardon.)

Regionalbahn hieß nun unser Zuhause, was wir Dank Reiseleiter Nikolas’ Mühen auch Gefahrenlos so nennen konnten. Jedenfalls der Schaffner konnte uns nichts anhaben.
Schnell verpackte ich meine Sachen im dafür vorhergesehenen Bereich und hastete zum Behinderten – WC. Ne gewisse Grundwäsche inklusive einer ausgiebigen Zahnwäsche stand an. Ich weiß, mein Verhalten war überhaupt nicht eines Fußballassis würdig. Wiederum Pardon. Schnell auch ein anderes T-Shirt drüber geworfen und schon wieder war alles falsch. Kaum war ich bei meinem Platz angekommen, hörte ich Gelächter und dann Gemecker. „Kleeblatt“, „Haha, ein Fürther in unserem Abteil“, „Verpiss Dich Du Kümmelfürther“ und weitere solcher Wortfetzen hagelten auf mich ein, nur weil ich das Nationalsymbol meines Heimatlandes auf der Brust trug und wir just in diesem Moment in Fürth hielten. Die Freundin des Ziegenpeters war natürlich am lautesten beteiligt.
Schnell stopfte ich 2 Wiener, ein Käsebrot (langsam wurde es widerlich) rein und die Stöpsel meines Musikabspielgerätes in die Ohren. Schon war ich wieder im Land der Träume. Kurzer Halt in Würzburg, wo es unser Reiseleiter in Sekunden schaffte noch 2 Karten für die beiden Straßburger zu organisieren, die in Nürnberg irgendwie auch gepennt hatten oder so und deswegen noch keine Fahrausweise hatten. Aber wir sind ordentliche Staatsbürger und fahren nicht schwarz.
Endlich waren wir in der Fächerstadt angekommen und für einen Teil der Reisegesellschaft gab es Wasser zum Reinigen und Nahrung zum Essen für die leichtangeschlagenen Körper. Der andere Teil fuhr gleich weiter zur Meinau.

Nach der wohltuenden Pause bestiegen wir mal wieder eine Regionalbahn und fuhren nach in Richtung Strasbourg. Beim Zwischenhalt in Nirgendwo sollte fast lange Weile aufkommen, doch Esteban wusste dies zu unterbinden, in dem er den Hinweis des GSB-Anführers gekonnt überhörte und vor den Augen der Dorfpolinazisten einen CFHH-Aufkleber überkleben wollte. Gleich stürzten sich die Hüter auf ihn, während wir hinter einer Hecke versteckt so doll grinsten, dass es zu hören war. Der Knast konnte scheinbar durch ein Angebot Codolfos verhindert werden, das klebrige Papier eigenhändig vom einzigen Laternenpfahl weit und breit abzukratzen.
Der Zeitvertreib war geglückt und schon kam die nächste Bahn die uns über Kehl ins Elsass brachte. In Strasbourg angekommen verliebte sich der gewichtigste Mann unserer Reisetruppe in die Ansagerin der Züge, dann wurden wir von einem kleinen Begrüßungskomitee der UB90 empfangen und gemeinsam ging es in den Keller, der sich im Dachgeschoss befindet.

Hier asselten einige Berliner seit Stunden ab und dementsprechend sahen sie aus. Himmelhilf! Freund Grillmeister hatte sich bereits um die 40 Kronenbourg auf die Zunge spritzen lassen, sah aber noch passabel aus. Um nicht blöde dazustehen musste ich nachziehen und begann selber Miniflaschen zu öffnen, während andere wie bekloppt Kronenkorken versuchten in ein Ziel zu schnipsen, aber eigentlich den schlafenden Elvis treffen wollten, der schlimm erkrankt war und solche Späße im Grunde nicht verdient hatte. Zwischendurch holten Marco, Jule und ich einen nachgerückten Herthaner von der Straßenbahn ab. Eigentlich ist das keiner besonderen Erwähnung wert, hätte uns nicht der Kollege von den Ultra-Boys mit in seinem Auto zur Bahn gebracht. Als er das Bier am Steuer gelehrt hatte, schmiss er die Flasche aus dem Fenster in Richtung einer, sagen wir mal Hauswand und erklärte dabei den Grund seiner Fahrt „Konnte Sie gerne mitnämen, abe meine Drogen vergessen“. Kurz darauf zeigte eine Ampel überdeutlich rot an doch Freund Blase bretterte voll über die Kreuzung. Irgendwer brachte natürlich den Einwand „Das war schon Rot oder?“, doch unser Steuermann hatte die passende Antwort gleich lachend parat „Das ä ist keine Problem ier, alles okay. Wür sind nischd in Deutschlond. “

Irgendwann gings auf zum Stadion, wo wir ein paar bekannte Gesichter aus Karlsruhe trafen und zusammen mit einigen Franzosen die Zeit bis zum Anpfiff, gleichbedeutend dem Rauchintro verquatschten. Na gut, so richtig Blau und Weiß war der Rauch nicht, aber immerhin, es war doch äußerst nett mit anzusehen wie Problemlos – und vor allem scheinbar Folgenlos – in Frankreich so ein Intro gebracht werden kann. Zu den paar Rauchtöpfen wurde ein Spruchband in deutscher Sprache gezeigt „Zusammen in Blau und Weiß“, für die anwesende Achse.

Die erste Halbzeit war für die anwesenden 13.087 Zuschauer mit Sicherheit gähnend langweilig. Auf dem Rasen passierte nichts und auch auf den Rängen hielt sich die Lust auf Ekstase im Rahmen. Der Gästesektor war leider nur von 8-9 Korsen besetzt, die 2 kleine Zaunfahnen gehisst hatten. Enttäuschend na klar, aber irgendwie auch verständlich. Einige Ultra-Boys erzählten später, dass die Fahrt zum Rückspiel inklusive der Fährüberfahrt 3 Tage dauert! Bei uns ist das Weiteste vielleicht Freiburg und in 12 Stunden mindestens erreichbar. Erwartet wurde eine Bastia-Sektion aus Paris (um die 40 Mitglieder) und eine aus dem deutschen Rheinland, irgendwie fehlten die aber, zumindest was die erwartete „Masse“ betraf.

Der zweite Durchgang stellte alles auf den Kopf. Racing stürmte nach vorne und erspielte sich Chance für Chance. Latte, Pfosten, Außennetz und natürlich Monsieur Hervé Piccirillo, der Schiedsrichter, standen aber irgendwie ständig im Weg. Die Stimmung kochte. Der gesamte Ultra-Block heizte die umliegenden Blöcke mit an und alle ersehnten den der Seele Ruhe bringenden Jubelschrei herbei. Doch Monsieur Piccirillo gab sogar Eckstoß, als ein Bastia-Verteidiger den Ball mit beiden Händen über die Torauslinie schlug. Die Ränge tobten. Der Block hinter dem Tor, zu Teilen mit Meinau-Boys belegt, rastete völlig aus und antwortete der Schiedsrichteraktion mit einem Regen von Gegenständen und Beschimpfungen die durch die Luft segelten.
Dann die 93. Minute, ein zweiter Ball liegt auf dem Spielfeld, ein Straßburger Spieler erkennt dies und versucht den Ball ins Aus zu schießen, scheitert aber peinlicher Weise, während der eingewechselte Rudy Calier das Leder in die Maschen für die Elsässer schoss. Der Linienrichter hielt brav die Schnauze (was bei den vielen Fehlentscheidungen der unparteiischen Partei zuvor auch absolut angebracht war) und Monsieur Piccirillo hatte seine Augen wo anders. Bätsch. 1:0 Sieg für Racing. Unter großem Jubel wurde die Siegreiche Elf beklatscht.

Auf Merguezwürstchen verzichtete ich aus Kostengründen, was natürlich eine knifflige Entscheidung war. Eigentlich kann man an den duftenden Grillständen nicht einfach vorbei gehen. Die Karlsruher hatten indes Platz in ihrem Bus für uns geschaffen und so ging es mit einem kurzen Zwischenstopp auf ein paar Kronenbourg im Keller, der sich im Dachgeschoss befindet, zurück in die Fächerstadt. Au revoir! Die Stimmung in der letzten Reihe war stets kurzweilig, sagen wir Spitze und der Mützelserbe langsam betrunken, da er alle Reserven den Wild-Boys abluchste. So ein Fuchs!

Fazit: Aufgrund einer grandiosen zweiten Halbzeit (so muss ein perfektes Fußballspiel sein) hatte ich noch die halbe Nacht Ohrwürmer der Straßburger Gesänge. Daumen Hoch für den 2. (oder 3.?) Tag der Tournee.

kbk 2008