Es geht wieder rund liebe Freunde der klassischen Musik. Nachdem eine Runde im geschenkten Europapokal schon überstanden ist und wir auch schon in einigen Testspielen Fußballluft schnuppern durften (man gedenke der Priese in Magdeburg), gab es heute wieder ein richtiges Pflichtspiel. Hertha war in der ersten Runde des DFB-Pokals zu Gast im idyllischen Moseltal bei Eintracht Trier. Bei allem Humbuk den man abbekommen kann, war ich mit dem Los zufrieden. Zwar hatte ich schon mal die Porta Nigra besucht, doch das Moselstadion noch nie von innen gesehen.
Da der Anstoßzeitpunkt eigentlich nur Ferienteilnehmern und Arbeitslosen gelegen kam, gab es kein GSB-Fahrzeug sondern wir waren verteilt auf die 6 Neuner der Szene.
Das Gefährt in dem ich saß wurde auf der Hinfahrt von zwei zauberhaften Busfahrerinnen gesteuert, während im Heck Herren verschiedenster Couleur vorsichhin brabbelten. Mir war Steffen mit seinen Spezialzeitschriften und außerordentlichem Fachwissen als Platznachbar behilflich, die entsetzlich schweren neuen Spielernamen zu üben und sie dem Mannschaftsbild zu zuordnen. Wahrlich keine leichte Aufgabe!
Kurz wurde auch auf die chinesische Version der Olympischen Spiele eingegangen, heute im speziellen an Hand der Thematik des amerikanischen Fackelträgers und des politischen Streits zweier deutscher Fechtladies. Deutlich ausführlicher ging es im Folgenden um die Thematik „Suchttendenzen im Alltag“. In diese Unterhaltung streute ich ab und an etwas Pfeffer durch Berichte aus Eigenerfahrung, die an dieser Stelle freilich nicht wiedergegeben werden und die unser Abiturient später im nächtlichen Nebel auf unsägliche Sinnentfremdende Weise vermischt weitererzählte.
Der Tag verging zwischen nervigen Regenschauern und ätzenden Sonnenstrahlen, bis wir schließlich am Rand der Nation eintrafen. Da noch etwas Zeit bis zum Anpfiff war, wurde in einem anderen 9er entschieden, dass wir in Kolonne noch nach Luxembourg fahren (Zwiebelmark und Nikolas waren noch nie dort!) um zu tanken. Die Preise sollten im kleinen Nachbarstaat günstiger sein. Ärgerlicherweise folgten wir dem Leitbullen unter den Neunern weit ins Landesinnere, unter der klug durchdachten Hypothese „Es gibt in jedem Ort eine Tankstelle“. Natürlich waren wir soweit gefahren, dass wir nach kurzer Zeit schon wieder die Grenze zum Reich Rheinland-Pfalz überquerten. Immerhin, getankt hatten wir kurz zuvor. In Trier nutzten wir als selbsterklärter Bus, die Spur die uns nach dieser Erklärung zustand und entkamen dem Feierabendstau. Vor dem Stadion sahen wir dann einen Massenauflauf der grünen Militz. Waren die etwa wegen uns paar Hanseln da? Ach nee, stimmt ja, es wurde ein ganzer Hooliganbus aus Karlsruhe erwartet. In sofern war die Aufregung, die manchem Beamten ins Gesicht geschrieben stand natürlich berechtigt. Während die meisten Berliner im kroatischen Lokal noch ein Bierchen kippten und sich mit anderen Leidensgenossen, die anders angereist waren unterhielten, hetzte ich Codolfo nach um im Block schon mal beim Fahnenaufhängen behilflich zu sein. An dieser Stelle wird gleich der Ordnungsdienst erwähnt, der sich absolut gechillt verhielt und kein Problem damit hatte, das wir die gesamte Gästekurve mit Zaunfahnen (auch über Werbebanden!) behängten. Also nicht verehrte andere Ordnungsdienste nehmt Euch ein Beispiel an den (zugegebener Maßen auch etwas naiven) Ordnern in Trier. Das Moselstadion hatte ich mir durch Fotos und Fernsehbilder größer vorgestellt, war aber dennoch eine Reise wert. Durch einen Regenguss schön dreckig, mit Bäumen im Stadion versehen und hügelähnlichen Bergen im Hintergrund hatte das Stadion einen gewissen sympathischen Charme. Allem voran war der alte Zaun ein Traum. Ein Traum für Fahnen, Trommeln und Jubelszenarien. Ludi machte sich sein eigenes Bild und wanderte durch das Stadion, von links nach rechts und von oben bis unten, nicht ohne uns aus der jeweiligen Lage heraus einige Handwinkungen zu schenken. Wie genau er an allen Kartenkontrollen vorbeikam bleibt auch nach seiner Erklärung etwas schleierhaft. Er habe den Ordnern sein „Hooligan-T-Shirt“ gezeigt und sich mit dem vorzeigen der Gästeblockkarte überall zutritt verschafft. Hä?
Dann trafen endlich unsere Freunde ein (43 aus KA, 1 aus Strasbourg) und die Zitterpartie konnte vor 6.500 Zuschauern, inklusive einiger beachtlicher Hundert aus der Hauptstadt, beginnen.
Gleich in der Anfangsphase gings einzweimal auf und ab und dann stand es schon 1:0 für die Alte Dame. Torschütze soll Pante gewesen sein, meine Sicht war leider behindert.
Selbstverständlich löste dieser Treffer kein Sicherheitsgefühl aus, man kennt Hertha, gerade im Pokal auswärts. So kamen die Hausherren langsam immer besser ins Spiel und trafen nach einer reihe guter Torchancen auch zum Ausgleich (28.). 1:1 hieß es zur Pause und ich rechnete schon mit einer 120-Minütigen Partie. Zum Glück aber machten es die Blau-Weißen endlich einmal richtig und spielten im zweiten Durchgang wieder zielstrebiger nach Vorne. Lustenberger traf in der 60. und Ebert mit einem satten Schuss in der 80. Minute zum 3:1. Na bitte, auf anhieb nicht gegen eine Unterklassemannschaft gescheitert! Man hatte nicht so ohne weiteres damit gerechnet und auch über weiter Strecken des Spiels nicht das Gefühl, dass dies leicht gelingen könnte. Wird es dieses Jahr einmal anders laufen im Pokal? Abwarten und Tee trinken ist angesagt.
In Trier soll sich ja eine Ultraähnliche Gruppe aufgelöst und eine neue herausgebildet haben (irgendwer faselte was von einer Schlange, was weiß der Geier), die scheinbar für die Choreografie am Spielbeginn verantwortlich war. Das Spruchband zu einem Europamotiv war in Dialekt verfasst und somit nicht selbsterklärend. Stimmungsmäßig war ein kleiner Block auf der Gegengerade bemüht, mehr jedoch kann man nicht zu den Trierfans sagen, über die Smeee mutmaßte, dass sie in erster Linie Kaiserslauternfans sind und in der Freizeit mal im Moselstadion reinschneien.
Durch die perfekte Vorraussetzung des geilen Auswärtsblockes und wie erwähnt überraschend ausreichenden Berlinern war bei uns Party angesagt. Fast könnte man sagen „wie früher“. Auch wenn das Spiel Phasenweise nicht zum Feiern war, die dreckige Meute drehte Oberkörperfrei durch. (Lag dieser Zustand wirklich am Regen?) Lob geht an dieser Stelle an den Ersatzvorsänger aus dem Osten der Hauptstadt (der durch besondere Wohnanlagen auffällt) für ein kurzweiliges Einpeitschen der Blau-Weißen. Ich muss sagen, dass mir alle leid tun, die nicht mit im Block sein konnten, vom Homopogo (mehr o’s gibt es wohl nur in Rokokokomode) mit den halbnackten Atzen, über den fast verbogenen, überfüllten Zaun, bis hin zur Karawane durch den Block. Steffen nannte die Ereignisse später jugendsprachlich „eine geile Performance“.
Bei der Abfahrt sahen wir noch, dass der Karlsruher Bus von den Bullen umstellt war und warteten noch ab was die wohl wollten. Glücklicherweise unterließen sie die üblichen Schlüpperdurchsuchungen. Grüße und besten Dank an dieser Stelle in die Fächerstadt für die tolle Unterstützung! Vor uns lag nur noch eine lange Nacht quer durch Deutschland bei der ich mich um schweigende Selbstgespräche bemühte um am Steuer nicht zu müde zu werden. Beim Gedanken an die absurde Situation eines schweigenden Selbstgespräches (sind das nicht nur Gedanken?) viel mir ein Gedicht aus Kindertagen ein, dass ich sodann mehrmals lautlos vortrug, bis der Himmel langsam graute:
Dunkel war’s, der Mond schien helle,
Schnee lag auf der grünen Flur.
Als ein Wagen blitzeschnelle,
langsam um die Ecke fuhr.
Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschossner Hase
auf der Sandbank Schlittschuh lief.
In diesem Sinne auf eine erfolgreiche neue Saison, grüße ich die Kameraden Busfahrer Michael und Paul, die andernorts über die Landkarte punktierten und schließe meinen Bericht mit einem Rückgriff auf die Eingangszeile ab und sage:
The music is all around us, all you have to do is listen.