Wolfsburg – Hertha BSC (0:0) (23.2.08)

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Wolfsburg auswärts. Da dieser komische Verein immer noch nicht abgestiegen ist und stattdessen in letzter Zeit sogar wieder mit utopischen Zukunftsphantasien hausieren geht, mussten wir ein weiteres – wahrscheinlich immer noch nicht letztes – Mal in die Geschichtslose Stadt fahren.
Natürlich ist Wolfsburg-Hertha eine absolut harmlose Nummer, doch wie die Spiele in Hamburg und zu Hause gegen Bielefeld zeigten, ist gerade bei harmlosen Spielen nicht gesichert, dass sich die Staatsmacht auch angemessen verhält.
Vor allem durch die Ereignisse des Bielefeldspiels hatte ich beim rumgammeln auf dem Ostbahnhof ein flaues Gefühl in der Magengegend, als ich die Zeit hatte einigen Phalanxen beim patrouillieren zu zusehen.
Doch – um es kurz zumachen – an diesem Tag sollte es bei einem flauen Gefühl bleiben. Vorbildlich bestieg nur die Hälfte der Einsatzkräfte den Zug und halbierte sich später noch einmal in Magdeburg. Die übrigen Polizisten verhielten sich vorbildlich zurückhaltend. Warum kann das nicht immer so sein?

Und ab ging die Sause, natürlich nicht ohne die Pflicht. Daher musste also zuerst die Tageslosung übersetzt werden: „Urteile nicht gemäß der äußeren Erscheinung, sondern gemäß des gerechten Urteils, urteile!“ Laut verkündete ich mein Ergebnis, wobei Olli schwere Vorwürfe bezüglich meiner Sprache aufwarf – das sei auch so eine Art „Gossen-Slang“ – und Ali Algerie sofort versuchte auf mich einzuschlagen. Ein Dank geht an unseren Serben, der gleich einschritt und das hitzige südländische Temperament beruhigen konnte.
Als nächstes erwachte der Künstler in mir und ich begann mit einer Portraitzeichnung des Mannes, dessen Landsleute vor kurzem einen Grenzübergang in den Kosovo in Brand gesteckt haben. Dann ging die Pappe des Jubiträgers, auf die ich dieses einzigartige Bildnis kritzelte, die Reihe rum und mit der Zeit fanden sich die Gesichter der wichtigsten Leute dieser Fahrt nebeneinander wieder. Ein Meisterwerk – vor allem auch, weil Intimitäten verbildlicht wurden.

In Magdeburg wurde kurz Sonne getankt und dann stieg auch schon die Fahrradfamilie aus dem Großraum Öbisfelde in unser Abteil. Auf dem Luxusrad, dass der kleine Racker letzte Woche für lau geschenkt bekam, sollte dann eigentlich das Bild des Tages entstehen. Aber der Brillenjunge wollte Kenneth nicht auf seinen Gepäckträger nehmen und durch den Zug fahren – natürlich wenn dieser steht, nicht das noch was passiert!R0011899Dann wurden die Briefwahlbögen für die Wahl zum Fan des Tages vorbereitet. Den Skandal, dass die Wahl am Ende des Tages nicht stattgefunden hat, nehme ich zum Teil auf meine Kappe. Vielleicht tröstet Euch die Phrase „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ etwas. Aber was ist die Bedeutung einer Phrase?

In Wolfsburg angekommen verhielten sich alle beteiligten – wie vorweggenommen – immer noch hervorragend vorbildlich und so ging es ohne Umwege ins Stadion. Mit Marn und Frank machte ich heute die Alte Herren Riege im Oberrang auf und fieberte mit unserer Mannschaft. 0:0 hieß es am Ende. Hervorzuheben ist die Verteidigung, die mit Friedrich und Simunic zwei wirkliche Säulen besitzt und auch der eingewechselte von Bergen hat mich überzeugt. Der Angriff ist zu kritisieren, mindestens ein Tor hätte im Spielverlauf nach den teilweise gut herausgespielten Chancen fallen müssen.
Okoronkwo hatte übrigens bei der Aufwärmübung am Spielfeldrand eine gute Showeinlage geliefert. Wolfsburg erreichte einen Eckball und das runde Leder rollte bis an seinen Fuß, doch Solomon tat so, als hätte er das überhaupt nicht mit bekommen und blickte ahnungslos in den Himmel. Nicht schlecht. Auf dem Feld konnte er in der Schlussviertelstunde leider auch nicht den entscheidenden Akzent setzen. Und das Wolfsburger Publikum? Zum ersten Mal konnte ich sie in meinem Leben hören, aber das lag daran, dass im Herthablock keine Stimmung organisiert wurde. Ansonsten schaut Euch doch mal im Onlinefanshop des VFL die neue Fahne mit dem Wolfsgesicht an. Mehr braucht man eigentlich nicht sagen.

Auf der Rückfahrt waren Gruppo und DSB massiv am ballern und sorgten für einen dauerhaften Geräuschpegel. Ich lauschte den Gesprächen meiner Kollegen und erwachte erst wieder etwas aus meiner Entspannungsphase, als ein Flaschensammler von der Schaffnerin aus dem Zug geworfen werden sollte. Keine Frage, dass nun eine deutliche Solidarität mit dem Kumpel gefordert war. Ein Dank geht an Paul, der mir eine Dose Mezzomix spendierte, was ich noch nie zuvor getrunken hatte. Für eine Wolfsburgfahrt waren wir viel zu spät wieder in der Hauptstadt, die ich mit Marn und unserem Nachbarn – der mir noch schön ausführlich vom Trainingslager berichtete – gleich noch gen Berkenbrück verließ.

Fazit: Hertha scheint sich ein wenig zu stabilisieren. Dennoch ist ein Punkt in Wolfsburg zu wenig.

kbk 2008