Karlsruher SC – Hertha BSC (2:1) (23.11.07)

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Teil 1

Das Spiel

Ich persönlich war nicht beim Freundschaftsspiel und auch nicht bei einem Pflichtspiel zwischen Hertha und dem Karlsruher SC (Wo war ich eigentlich bei der Trainerstuhlrettung Röbers?). Ich habe ‚Das Spiel’ also noch nie zuvor erlebt. Es wurde Zeit..
Spätestens seit Sonntagabend hatte die Woche nur noch ein Ziel: Den Freitag.
Albträume und fantastische Visionen sprudelten in Strömen durch meinen Kopf, vor allem hatte ich die Horrorvision im Kopf, dass sich irgendeiner der Herthaspieler nicht zu benehmen weiß. Joe fault brutal Maik Franz oder Pante beleidigt die Gegengerade. Was hatte ich für einen Schiss.

Los ging es am Freitag Morgen, als der Rest der Nation seine Pausenbrote einpackte, wie immer am Alex. Ein Doppeldeckerbus fuhr vor und mir persönlich kamen irgendwie ungute Gedanken, vermutlich aus der Erinnerung an die Duisburgfahrt vor einigen Wochen. Die Bierkästentürme wurden im Bauch des Busses verstaut, neben den Taschen der Sportler. Im Hinteroberbus angekommen fand ich einen Traumplatz und verteidigte erst einmal rabiat meinen Nachbarplatz, fest in der Annahme das Ehrenmitglied der GSB würde dort Platz nehmen. Denkste Puppe. Der flog. Ein bisschen Theater umsonst..

Unser Italiener und seine Gangbanggang rückten dann mit ihrem Stuff raus. Mehr als 60 Poster mit mehr als erotischen Aufnahmen (Porno eben) fanden den Weg aus ihrer Venus-Tüte an die Scheiben des Busses, dazu gab es kleine Flyer mit viel Fleisch von Mann und Frau im Bild, sowie einige DVDs und natürlich den Sexspielzeugkatalog, in dem es wirklich alles gab, was sich die Pornofraktion von Herzen wünscht.
Ich fand es etwas belastend Stundenlang das Standbild einer Frau zu sehen, die tatsächlich die Schnauze voll hatte. Ein dank geht an Pierre, der ähnliche Gefühle ausdrückte.
Aber es war schon recht witzig, die Bundesdeutsche Bevölkerung dabei zu beobachten, wie sie unseren Bus musterten – das muss ich zugeben. Klar das sich Bauarbeiter und Brummifahrer ein schmunzeln nicht vergreifen konnten (vermutlich kannten viele die Poster aus ihren Wohnstuben), während sich Omas und Familiengründer echauffierten.

Zum Glück machte die Scheibenfeuchtigkeit dem Klebeband zu schaffen und nach einigen Stunden waren die meisten Poster abgefallen und man konnte Fleischlos in die Außenwelt schauen. Nur vorne plakatierte man die gesamte Frontscheibe mit den Dingern, diesmal die erhöhte Feuchtigkeit nutzend.

In Karlsruhe angekommen waren nur 2 Leute betrunken, der Rest hatte die Vorgabe einigermaßen nüchtern bei der Demo aufzukreuzen vorbildlich eingehalten. Durch den strömenden Regen wurde schnell das Material zum Treffpunkt an der Titanic gebracht. Ein unglaubliches Durcheinander folgte, da man sich unter den zahlreichen Leuten erst mal wieder finden musste. Nach einiger Zeit fand ich ein paar bekannte Gesichter und begann zusammen mit ein paar Jungs prozessionsartig den riesigen Bullen-DH zu schleppen und im größten Matsch, den ich je in Karlsruhe gesehen habe, Männlichkeit zu finden.
Vorneweg marschierten programmatisch die Spruchbänder gefolgt von etlichen Themenbezogenen Doppelhaltern. Zum einen war die Masse natürlich überraschend groß, zum anderen gab es dann aber ein Problem alle Leute zu erreichen. So bekam ich, der schon im ersten Drittel der Menge lief, nicht alle Anweisungen und die zu proklamierenden Sprüche mit. Das Megafon war wohl zu wenig bei so vielen Menschen. Angeblich soll es auch kurze Ansprachen gegeben haben!? Das konnte ich ebenfalls leider nicht hören. Aber es war in dieser Konstellation, die erste Demo und dafür war sie schon ganz gut, vor allem eben was die Beteiligung anging.

Vor der Gegengerade verließen wir, nachdem die Demo aufgelöst war, die Karlsruher und zogen zum Gästeblock. Was für ein merkwürdiges Gefühl!! Und gleich war man „Gast“ und fühlte sich wie sonst auch irgendwie verarscht. So dauerte es ewig bis wir die angemeldete Protestfahne („Alle in einem Boot […]“) wenigstens zur Hälfte aufhängen konnten. Das Thema Fahnenplätze generell ist in Karlsruhe für Gästefans wirklich ein Problem, das sie eigentlich keine haben. Ohne die Karlsruher Fanbetreuung hätten wir dann die angemeldeten Spruchbänder (oder die „Choreo“, wie sie die Ordner nannten) vielleicht gar nicht reinbekommen. Die Laune war irgendwie getrübt.

Dann begann das Spiel. Ich kam mir wahnsinnig fremd vor und wünschte, das Spiel sei bereits Unentschieden ausgegangen und ich wäre auf dem Weg zur Party. Man sieht die Gegengerade gegenüber und dümpelt im Matsch des Gästeblocks rum und muss auch noch seine Stimme kontrollieren. Das fiel so unglaublich schwer heute. Beim „Badener Land“ merkte ich erst kurz vor dem Ende, dass ich mit voller Stimme mitsang. Franky ging es ähnlich. Die ersten Minuten schwiegen beide Kurven gemeinsam, dann begann die Gegengerade ihren Support, heute mit einem lauten „Ha Ho He – Hertha BSC“. Ich hatte Gänsehaut und wollte weg, weil ich nicht erwidern konnte.
Auf dem Rasen wirkte der KSC grundsätzlich besser als die Hertha, dennoch schaffte Pante nach etwas mehr als einer halben Stunde das 1:0 für uns, was die Karlsruher etwas zurückdrängte. In der zweiten Halbzeit verfiel Hertha in die altbekannte Ungefährlichkeit und der KSC machte das Spiel. Nach 10 Minuten traf der Überflieger Hajnal zum Ausgleich und dann war es Basti Freis, der den KSC in der 66. Minute den verdienten Sieg brachte. Es gab in der Folge kein wirkliches Aufbäumen von Hertha. Im Gegenteil der KSC hatte noch eher Chancen zum 3:1, als das Hertha hätte ausgleichen können. Es ist schon ziemlich hart, wie Auswärtsschwach Hertha in diesem Jahr ist. Der KSC hat eine absolut geile und sympathische Truppe, die wir leider schon lange nicht mehr so haben. Eine ziemlich traurige Erkenntnis.

Und alsbald ging es raus, aus dem Gästeblock um sich zu sammeln und anzurufen ob die Karlsruher einen motivierten Haufen dahätten. Nachdem sich Berlin mit lautem Hauptstadtgeprolle einharkte und bereit war, konnte man in einiger Entfernung einen Haufen Karlsruher sehen, der provozierend und zeitgleich mit Berlin einklatschend, die Straße betrat. Es gab kein Halten mehr und die Bullen wussten nicht wo sie hin gucken sollten.

Dann sollte es ab zur Party im Vereinshaus gehen. Aber dort standen so unzählig viele Menschen – ich brauchte 10 Minuten für 5 Meter- dass Zottel und ich erst mal auf Becherpirsch gingen um den Alkohol etwas vorzufinanzieren. Als wir zurückgekommen waren, war immer noch alles vollgestopft und so besorgten wir uns nette Jubis aus dem FKO-Bus – eine perfekte Idee! Im Partyzelt holte unser Gastgeber dann den Apfelkuchenwodka raus und wir pflegten einer Temporunde zusammen mit 2-3 Kollegen der jüngeren Generation unter den Augen der Gruppo, die wegjufften, was zu der Zeit wegzujuffen war. Gut angetrunken merkte ich erst nach 1-2 Stunden, dass drinnen die Party zur Mucke der Milkmansons abknallte. Also stieg ich schnell durchs Fenster ein, entkleidete mich halbsporadisch und schlug mit einigen Boys der Haudraufgeneration auf einen weißen Plastiktisch, bis der samt uns mitten auf die Tanzfläche wanderte, sich dort im Kreis drehte und sich dann mit uns wieder zum Fenster bewegte. Wir sangen zu fast jedem Lied einfach den Text „Solomon Okoronkwo“, oder „Solomon, Solomon schieß ein Tor“, oder eben den Grillsong für M.W. – dem Kollegen aus meiner Heimat, mit dem ich auch eingeharkt stilecht tanzte, während der Rest mal wieder nur Pogen konnte- weil wir für echte Songtexte einfach zu voll waren. Spätestens als Elivs fast nackt auf der Bühne stand und Herr Schmidt den Radwechselsong ins ergriffene Mikrofon blöckte, war klar, dass die Party eine neue Krone der Freundschaftsgeschichte würde.

Mit einer ganz ganz merkwürdig zusammengestellten Gruppe torkelten wir dann durch den Schlosspark, matschten uns noch einmal ein – so hat es in Karlsruhe wirklich noch nie geregnet!!!- und fuhren dann nach Ettlingen-City. Für mich war es die erste Fahrt in das nette Örtchen mit der Straßenbahn, in der Sabbo übrigens merkwürdiger Weise angesabberte, verschüttelt warme Pepsi aus einem Football trinken wollte!!

Fazit: Hertha unterliegt, aber das war nach einigen Stunden völlig vergessen.

Fazit II: Es war auch perfekt, dass ausnahmslos alle betrunken waren, so konnte ich nicht negativ herausragen. Oder doch!?

kbk 2007