RC Strasbourg – Metz (2:1) (18.5.07)

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metz15Teil 1

Die Sommerpause ist gekommen. Heute, am Dienstag danach bin ich wieder zurück in Berlin. Die unnormale Hitze macht der Vorlesung „Kirchen- uns Dogmengeschichte IV“ mächtig zu schaffen. Ein konzentriertes Zuhören, oder gar ein aufmerksames Mitschreiben ist mir nicht möglich. In 20 Minuten hab ich mir nur gemerkt, dass „hartnäckiger Ehebruch“ im späten 16. Jahrhundert unter Strafe stand. Stichwort: Kirchenzucht.
Nachdem ich am letzten Donnerstag vor Nervosität die ganze Nacht lang kaum ein Auge zu tun konnte, ging es mit einer der ersten Ringbahnen auf dem Fahrplan in den Osten Berlins und zum alten Hauptbahnhof der ehemaligen Hauptstadt der DDR. Die Ostler waren schon zum Teil vor Ort und stopften sich zur frühen Morgenstunde mit Burgerfraß voll und erklärten wie sie jeweils den „Vatertag“ verbracht hatten.
Dann kam auch schon der ICE und zusammen mit (insgesamt) geschätzten 28 Leuten konnte die Fahrt ins Wochenende beginnen. Als ich kurz vor unserem ersten Umsteigebahnhof Hannover einen Jubelschrei über die schöne Landschaft hervorrief, erklärte Zottel das ich „unnormal“ sei und tippte mit seinem Finger auf seiner Stirn umher. Von der Leinestadt brachte uns ein weiterer ICE mit der Fernrichtung Basel bis nach Offenburg. Während ich schief im Sitz hing, halbleckere Salamibrötchen aß und versuchte ein paar Zeilen zu lesen, drehten die Atzen bereits voll am Rad. Nachdem der Schlager über Wolfgang Schäuble sogar mit einer Tanzchoreografie versehen war und endlich der Hit des Wochenendes „Frankfurt-Mannheim stinkt- Tür zu!“ entwickelt war, war die Truppe nicht mehr zu halten und ich roch an einem Taschentuch, dass nach Meerschweinstreu roch, was mir etwas zu wider war.
Erstaunt war ich über eine Standartgroßfamilie der Marke 0815 aus Hannover, die – trotzdem sie Kinder im Gepäck hatte – die gesamte Zeit in unserer Nähe verbrachte. Die Familienoberhäupter ließen sich sogar schon um halb neun zu einem Frühstückskindl einladen. Denkwürdig!
In Karlsruhe verließ Sabbo den Zug, da sie irgendwie verabredet war und dafür stieg King G. hinzu. Als wir den Zug in Offenburg verließen stand die Sonne im Zenit und wir lagerten uns um eine Bank auf dem Bahnsteig. Brüssow wurde aufgefordert das Vorsängerpodest über dem Signalmast zu erklimmen, was er selbstverständlich prompt tat. Sofort kam ein Schaffner oder Lokomotivführer über die Gleise zu uns gesprungen und blökte – Brüssow heranwinkend – einige Wortfetzen in die Mittagshitze. Ich fragte – weil ich zu weit weg war um etwas zu verstehen – was der Hauptmann gesagt hätte und Brüssow erklärte, dass er kein Wort verstanden habe. Das hatte ihn aber natürlich nicht daran gehindert dem Uniformierten aufrichtig mit „Ja, okay, mach ich!“ zu antworten.
Weiter ging es mit einer Deutschfranzösischen Gemeinschaftskleinbahn, die eines Schaffners entbehrte, was für uns nicht von Nachteil war, da sogar Roy die Tickets vergessen hatte.
In Kehl stieg Jule zu und wunderte sich über die Sauberkeit des Zuges, bis ich erklärte, dass wir erst wenige Minuten in dem selben waren. Ab gings über die Brücke und –Bonjour- schon waren wir in Frankreich. Am Straßburger Hauptbahnhof konnten es einige nicht lassen 10 mal zu erwähnen, dass der Bahnhof deutscher Bauart sei und mit Kruppstahl vernietet wurde. Aha!
Wir wurden von einem Begrüßungskommando der Ultra-Boys empfangen und schmissen unseren Krempel in die bekannte 9er-Rostlaube der UBs. Anschließend ging es zu einem ausführlichen Stadtbummel, bei dem ich endlich nach 18 Jahren einmal wieder die Straßburger Kathedrale bestaunen konnte. In einem bürgerlichen Keller tranken die anderen Bier – das in der Kneipe selbstgebraut wurde – und wir bestellten aus einer kleinen halbelitären Gruppe heraus original Elsässer Flammkuchen, die wirklich vorzüglich waren. (Ich weiß nicht ob ich erwähnen sollte, dass die Bestellung etwa 2 Stunden dauerte, weil ich nicht weiß warum wir nicht bedient wurden..)
Nachdem Mahl ging es wieder in die Stadt und mit der Straßenbahn weiter zu einem Gewerbegebiet in dem die Ultra-Boys ihren neuen Raum gefunden haben. Das beherbergende Haus erschien mir aus Trabbipappe gebaut zu sein, was ja an und für sich kein Nachteil sein muss.
Bei ein paar Dosen Kronenbourg präsentierten wir den Franzosen unseren Musikgeschmack, der sich am besten mit der Bennennung der beiden Titel „Schönes Mädchen schüttel Dein Haar für mich“ und „Krawall und Remmidemmi“ umfassen und beschreiben lässt.
Ein paar Stunden der Sofagemütlichkeit später marschierten Strasbourg und Berlin los. An einer Straßenkreuzung schlossen sich die plötzlich angekommenen Karlsruher an und der ordentliche Mob bewegte sich in Richtung Innenstadt, „verfolgt“ von zwei normalgroßen Polizeiautos! Das ist kein Scherz! Man stelle sich vor Hertha spielt gegen die Sorben und ein Mob von 250 Leuten läuft nach Belieben durch Berlin und um das Olympiastadion und die Polizei interessiert es nicht!
Ich hielt mich raus und ging mit den Mädchen schon mal zum Stadion, dass von einer algerischen Ticketmafia umstellt war und erfuhr später, dass nur Gerüchte den Blau-Weißen auf ihrem Weg zum Stadion entgegentraten.
Als ich den Block betrat war die Choreo gerade fast beendet, so das ich es nicht mehr schaffen konnte aus einem Nachbarblock zu staunen. Die Stimmung im Stade de la Meinau war von Anfang an wirklich gut. Oft wurden die Gesänge der UB’90 von den umliegenden Tribünen aufgenommen und auch optisch war einiges geboten. Nur selten (wenn überhaupt)zuvor habe ich ein Spiel gesehen, bei dem so häufig Pyrotechnik gezündet wurde, wie in diesem Derby. Ständig wurden irgendwo im Block Bengalos gezündet und hochgehalten. Auch blauer und weißer Rauch zog mehrmals in Schwaden aus dem Block ins Stadion, untermalt von zahlreichen Blinkbengalen. Dazu gab es natürlich die üblichen Fahnen und Doppelhalter und auch die ein oder andere Schalparade. Eine Gänsehaut der extremen Art bekam ich als der Vorsänger plötzlich, völlig unvermutet, ein HA HO HE anstimmte, dem eine fette Hüpfeinlage zu „Hertha- Strasbourg- Karlsruh“ folgte.
Im Block der Metzer war nur Anfangs eine halbwegs einheitliche Unterstützung zu bemerken. Ab etwa der 10. Minute kam es im Auswärtsblock zu teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen Horda Frenetic’97 und Génération Grenat’95, bei der auch die Kaiserslautern+Metz-Fahne der Horda vom Zaun gerissen wurde. Den Rest des Spiels wechselten sich im Gästeblock nun Gewalt und größere Mengen Rauch im 5-Minuten-Takt ab. Von den anwesenden Pfälzern zeugte aus der Entfernung nur noch ein schmächtiger Teufel, der über die Horda-Fahne gehangen wurde. Die Spannungen innerhalb der Metzer Szene mögen die Erklärung ausmachen, warum der Gästeblock in einem so bedeutendem Derby nicht ausverkauft war.
Auf dem Rasen spielte Racing eine gute Partie und konnte die Metzer am Ende verdient mit 2:1 schlagen, auch wenn es in den letzten Minuten noch einmal sehr spannend wurde und die Roten ziemlich auf den Ausgleich drangen.
Damit war der direkte Wiederaufstieg für Strasbourg geschafft und das Publikum feierte – erneut mit viel Pyro- ekstatisch ab. Wir harrten nach dem Abpfiff noch im Block aus, bis das offizielle Feuerwerk auf dem Rasen abgefeuerte wurde – ich dachte an ein Pokalfinale, was vielleicht daran liegt, dass ich noch nie eines erlebt habe – und dann ging es Wassereisschleckend wieder auf die Straßen um das Stadion, auf denen aber im Endeffekt wieder nichts, außer schneller Gerüchtsverbreitung, passierte.
Erschöpft chillten wir mit den Karlsruher Brüdern in unserem Schlafraum, bis diese sich verabschiedeten und mit einigen Berlinern im Gepäck zurück ins Badener Land fuhren.
Ich wollte dann zur vorgerückten Stunde schlafen, was aber aufgrund des sehr harten Fußbodens und der Kälte, die durch den dünnen Stoff meines Doppelhalters kroch – es ist pervers dass ich dies in einem Moment schreibe, da im Vorlesungssaal 38°C sind – und der Baguetteschlacht im Nachbarraum nicht recht gelang.

kbk 2007