Sonne oberhalb meiner monströs erscheinenden Rasterzotteln. Kurz: Sommer.
Mädels, Jungs, der Sommer war da!
Das dies bereits im April geschah,
scheint dem Trend zu entsprechen,
den Lauf der Jahreszeiten zu brechen.
Doch lassen wir lieber das reimen. Der – von der berühmten Gruppa Süd Berlin organisierte – 9er wurde mit Taschen, Bier und Menschen gefüllt und von mir in Richtung BRD gesteuert. Sabbo bekundete ihren Unmut darüber und Micha sagte mir mit ernster Miene, dass er meinem Fahrstil – den er ja noch gar nicht kannte – nicht traue..
Nachdem ich zusammen mit dem Opel zahlreiche Kilometer gefressen hatte, quengelte jemand – im Zweifel aus der hinteren Reihe – und ich verließ die Autobahn in Garbsen. Beim Aldi besorgten wir Fleisch von Opfern eines beliebigen Hühner KZ’s, Senf, Toastbroat und eine Pulle Billig-Ketchup, der schon geöffnet war. Frank hatte in der Zeit einen Fertiggrill im Baumark versorgt und Knabbo versuchte ein Grillbesteck aus Regenwaldholz zu stehlen. Als ihr das aber auch als Drahtzieherin nicht gelang, kaufte sie knapp 300 Plastikgabeln. Ich machte darauf den Vorschlag die übrigen in Karlsruhe auf der Straße zu verhökern, um uns finanziell zu restaurieren.
Am „Blauen See“ wurde Flagge gehisst und der Alugrill angesteckt. Außer uns gab es noch 3-4 Walker und einen Künstler mit weißen Haaren, der seine – in Asien gekaufte – Familie in einer kunterbunten Hängematte verbildlichte. Leider wollte Sabbo uns kein Bild in dieser farbigen Stoffkonstruktion schenken.
Ich war natürlich sofort mit den Füßen im Wasser und planschte wie ein verzogener Balg umher, bis mir die Ufer-Fraktion eine Kondomhülse zeigte die im Wasser schwamm und ziemlich neu aussah. Bevor wir wieder auf die Autobahn fuhren, brachte ich noch den Grill ins Wasser – damit wir ihn danach in die Tonne werfen konnten – und verkohlte mir dabei den linken großen Zeh, weil ich quasi ins Glutbett tappte. Wahnsinn.
Auf der Autobahn ging es unspektakulär weiter. Micha machte Knabbo eine art Liebeserklärung, als sie gähnte, nach dem er gähnte, in dem er sagte sie sei ein „mitfühlender Mensch“. Sabbo quittierte ihm das mit einer Streicheleinheit und dann schliefen alle, so das ich die Beatles echt laut drehen musste um nicht einzupennen.
In Bochum angekommen fanden wir erst das Stadion nicht und dann doch und dann stand plötzlich der Oberkeim des Bochumer Ordnungsdienstes vor mir und verbot mir die Diskussion um meinen erlaubten 1,50m Stock. Ich blieb sachlich. Er nicht. Als dann sein Kollege mich in den Block zum Fahne aufhängen begleiten sollte, nahm er mir selbige erst ab um sie mir dann mit den Worten „Nee trag mal selber, so wat fass ich nicht an..“ wieder entgegen warf. Ach der Ruhrpott. Man muss Mitleid haben mit den armen Schluckern, die Dreck ihre Heimat nennen müssen.
Im Block konjugierte ich noch ein bisschen vor mich hin bis endlich die Zugfahreratzen eintrafen und das Spiel beginnen konnte. Nach geschätzten 15 Sekunden traf der von aller Welt gerühmte Grieche Gekas für die Bochumer. Wahnsinn. Nach wenigen Momenten des Schocks war klar, dass wir erst recht Gas geben würden. Die Herthaner steckten gleichfalls nicht auf und erspielten sich einige Chancen ohne das Spiel zu dominieren. Pantelic vergab einen Foulelfmeter (33.) und Optimismus wollte nicht aufkommen. In der zweiten Hälfte wurde Hertha besser, vor allem Bastürk zeigte endlich mal wieder was er am Ball kann. Durch die Tore von Gimenez (58.), Gilberto (65.) und Chinedu Ede (90.) gewann Hertha verdient ein Auswärtsspiel. Endlich mal wieder.
Die Stimmung im Auswärtsblock war okay denk ich und wurde mit dem Spielverlauf immer besser. Die Bochumer waren in der ersten Halbzeit relativ lautstark, konnten aber nicht mit einer Gesangsvielfalt beeindrucken. Ein Wort muss noch zum Mann mit dem Kugelbauch von der Brigade gesagt werden, der so voll war wie selten zuvor. Neben zahlreichen sufftypischen Handlungen im Block spielte er dann noch den griechischen Fanatiker und hängte sich in das Netz vor und über dem Block. Ein seltener Anblick, den das Ordnerblondchen vor dem Block kaum ertragen konnte. Nach dem Abpfiff sangen die Herthaner noch 20 Minuten und feierten die 3 Punkte, ohne dabei zu vergessen das Hoeness Raus muss.
Nach dem Spiel verabschiedeten wir die Freunde der Eisenbahn und schlenderten zu unserem 9er der bei den Herthabussen parkte. Eine ältere Frau – nennen wir sie „Mutti“ – bat uns vorsichtig zu fahren und nicht zu viel zu trinken. Zusammen mit den beiden Exil-Großraum-Berlinern – die zu uns gestoßen waren, während Knabbo und Lars zu den Karlsruhern überliefen – chillten wir noch etwas auf einem begrünten Hügel ab, speicherten Strahlen der gelben Fratze, lachten Pottis aus, die im Stau festsaßen und keinen Meter vorwärts kamen, beobachteten wie der Hertha-Mannschaftsbus auf ein Riff lief – dies ist kein Scherz! – und saugten an ein paar Pullen.
Wenn es – wie heute – heiß ist und man durch Bewegung oder ähnliches schwitzt, sich dann Ruhe gönnt und der Schweiß kalt wird, verkühlt man sich schnell. Dann rebelliert der Bauch. Nachdem ich mich fast prostituiert hatte um auf das Klo des Bochumer Kongresszentrums gelassen zu werden, verpackte ich meinen Leib – bei afrikanischen Temperaturen – mit allem was ich an Stoff finden konnte. Liebe Freunde, das macht keinen spaß!
Als der Stau vorüber war und wieder einmal ein beliebiger Lebensmitteldiscounter überfallen war, fuhr Franky unseren 9er nach Karlsruhe, während die Studentenfraktion über alles und nichts debattierte.
Fazit: Kennt ihr das Gefühl einen alten sehr guten Freund wiederzutreffen? So war mir heute im Stadion zu mute.
kbk 2007