Von der Warschauer Straße aus fuhren wir mit der Straßenbahn tief nach Friedrichshain hinein. Am Ziel angekommen, waren die Karlsruher und die Partyvorbereitungscrew der SVler schon da. Die meisten unserer Freunde lagen, wo und wie es auch nur irgendwie ging herum, schließlich hatten sie ja auch schon ne Nacht ohne Schlaf hinter sich.. Dann musste ich natürlich erstmal die ‚Location‘ ansehen. Unglaublich. Es handelte sich um den heruntergekommenen Kellerbereich eines gammeligen roten Backsteinhauses, welches sicher einmal etwas mit Industrie am Hut hatte. Der vordere Bereich des Hauses schien besetzt zu sein. Ich denke so was darf man ruhig mal ‚underground‘ nennen. Drinnen gab es einen Hauptraum zum Freidrehen samt Bar, daneben zahlreiche kleine Räume zum chillen, die „dezent“ beleuchtet den Eindruck erweckten, als hätten sie schon einiges sündhaftes miterlebt.. Für so ein Fest wirklich perfekt. Ich half noch beim tragen von einigen Sofas. Ansonsten hatte die Crew alles im Griff und ich konnte mich endlich mal nach einem Frühstück umsehen. An einem von Badenern besetzten Dönerstand fand ich zum Glück auch eines. Das brauchte man , denn irgendwie sollte ja doch die Nacht noch überstanden werden..
Bis die Party in Gang kam dauerte es natürlich noch etwas, da es noch ziemlich früh war und viele auch noch gar nicht anwesend waren. Bis auf die DSB-Jungs, die schon zur Tagesschauzeit randvoll waren, herrschte noch entspannte Stimmung in den Katakomben. Die Musikauswahl versprach schon nach den ersten Stücken richtig geil zu sein, von (den von mir vergötterten) Oasis über Rio Reiser bis hin zu Achziger Mucke, Bob Marley und leichtem Hardcore war alles dabei, doch leider wollte die Technik nicht ganz wie alle anderen. Egal. Es gibt ja alternativen und so wurde dem Partyvolk mit dem PS-Ghettoblaster und unserer alten Busmucke eingeheizt, bis Ersatz beschafft war. Die Mädels von der Bar machten einen super Job, so das bald ganze Becher gesucht, bald neue Wodkapullen besorgt werden mussten. Die Kollegen von der Lounge hinter dem DJ-Set liefen mit leicht schiefem Gang und ich lernte das Lied „Karlsruh, Karlsruhschcool; Stuttgart, Stuttgart is schwul!“ Dann war auch Calli der alte Leverkusener wieder am Start und eine ordentliche Meute machte sich gegenseitig nass. Die dafür prädestinierten waren natürlich nur noch „leicht“ bekleidet. Kennt man ja. Die Luft stand und ihre Feuchtigkeit hatte eine so hohe Prozentzahl das es kleine Tümpel auf dem Fußboden gab, deren Quelle kein Alkohol war.. Kurz um: Die Sause lief rund!
Leicht angeschlagen und verkeimt verlangte es mich dann irgendwann nach einer Dusche. Zum Glück nahm die GS-Sektion „Algerie“ Marn und mich mit in ihrem Auto. Besten Dank dafür. Nach wohltuender Grundreinigung, stieg ich in eine frische Montur, schmiss eine Ration Lebensmittel in den Rucksack und verließ Neukölln auch schon wieder, diesmal in Richtung Alex. Dort trudelten mit leichter Verspätung kreidebleiche Bildnisse ein und retteten sich mit letzter Kraft in die Sitze des Busses. Der fuhr auch gleich ab in Richtung Darmstadt, gefolgt von zwei Bussen der Karlsruher. Die Busfahrt war natürlich vom Schlaf beeinflusst, aber trotzdem irgendwie seltsam. In Osterfeld quälte ich mich durch 300 übergewichtige weibliche Rentner welche die Rasthütte verstopften und vom Klomann systematisch abgezockt wurden. Doch damit nicht genug, war der gesamte Rastplatz mit Fanbussen überfüllt die nach München zur Pope-Party wollten. Bis auf Schmilling, der fast die Abfahrt verpasste, weil er die schönsten 16 jährigen Frauen überhaupt, aus Schweden oder Schwedt getroffen hatte, konnten die meisten mit einem solchen Auflauf nichts anfangen. Wirkte alles irgendwie surreal.
Stress gab es noch mit Friedhelm dem Driver No.2! Der zwar „Herthafrösche“ an die Frontschreibe geklebt hatte, aber mit solchen „Chaoten“ wie uns nicht umgehen konnte und mehrmals Rausschmiss ankündigte. (Der soll mal dabei sein wenn nicht alle schlafen, so wie heute..) So mussten leere Bierkisten natürlich auf einem Sitz platz finden, da wir statt 52 Plätzen nur 50 gemietet hätten..und so weiter. War insgesamt sehr nervig. Ich freue mich schon wenn wir wieder Kunden unseres Stammunternehmens sind.
Darmstadt ist eine graue Stadt im westen der Republik. Mehr brauch man glaub ich zur Architektur nicht sagen. Wir wurden an allerlei Fussballvolk vorbei direkt zum Gästeblock gekarrt. Da stand auch gleich ein grüner Megaphonmann der wichtigeren Sorte und erklärte pausenlos das wir in den Wald müssten. Direkt vor dem Stadion wurde dann eine kleine Gruppe herausselektiert und mit den Händen auf dem Rücken an die Wand gestellt. Zitat Greenfreak XY: „Eine ganz normale Kontrolle, bei Fussballspielen, gehen sie bitte weiter“. Natürlich blieben wir! Per „Zufallssystem“ wurden 15 Karlsruher und 2 Berliner ausgewählt und inmitten von Brennnesseln „kontrolliert“. Eine weitere unglaublich sinnlose Schikane mehr auf einer langen Liste..
Zum Spiel: „DFB-Pokal 1.Runde“ sollte fast schon als Bericht reichen. Hertha fand über fast 120 Minuten kein Mittel die Darmstädter zu bezwingen. Erst Bastürk ‚Bumm Bumm‘ schaffte auf den letzten Drücker das erlösende 1:0! Das konnte auch nur gelingen weil wir Fiedler, Simunic und den Pfosten auf unserer Seite hatten. Die Stimmung im Gästeblock war leider wie zu erwarten unglaublich schwach. Verdammt, es ist kein Testspiel!! Aber das begreifen scheinbar weder die Fans noch die Mannschaft. Danke an die vielen Karlsruher die uns trotzdem unterstützt haben. Die Anhänger der Lilie haben mich persönlich schon beeindruckt. Die Heimtribüne ist eine der wenigen Tribünen die ich kennen gelernt habe, die auch mal Stimmung machen kann. Aus verschiedenen Ecken brachen immer wieder lautstarke Gesänge hervor. Ähnlich soll es ja mal in England gewesen sein. Die Fans auf der Gegengerade konnten sich, wie die Lila-Weißen gestern, überhaupt nicht durchsetzen.
Nachdem wir die Brüder aus KA und Strasbourg verabschiedet hatten fielen die meisten in einen Tiefschlaf, dem auch Friedhelm mit seinen „Kommerzwürsten“, wie Kenny sie nennt, nichts anhaben konnte. In Berlin war natürlich tote Hose, weswegen ich erst um 5 wieder in meiner WG war. Ein langes Wochenende war zu Ende. Leider war unser Spiel für mich irgendwie der Tiefpunkt, doch sonst war es schon ein Highlight und ich freu mich schon aufs nächste intensive Wochenende mit Blau und Weiss.
Fazit: Wir dürfen auf ein neues Losglück hoffen!
kbk 2006