Bochum – Karlsruher SC (2:2) (8.12.07)

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OLYMPUS DIGITAL CAMERAMan sollte es vermeiden krank auswärts zu fahren. Soviel weiß schon jeder Anfänger im Fußballleben. Aber vermutlich weiß auch fast jeder, dass es trotzdem gemacht wird, weil, ach es ist ja nur eine ganz ruhige Auswärtsfahrt, es ist möglich fast die ganze Zeit zu schlafen, zu ruhen, Medizin zu schlucken, aus dem Fenster zu gucken und die Innenraumtemperatur so einstellen zu lassen, dass es hinter dem Krankheitswollschal noch angenehm bleibt. Dies sind natürliche Argumente, die trotz Krankheit mit verklärtem Blick eine Auswärtsfahrt genehmigen könnten. Die anderen Argumente sind, dass nichts verpasst werden darf, es schon eine wochenlange Freude auf eine gemeinsame GSB-Neunertour gegeben hatte, die Jungs einen Ausfall finanziell schwer verkraften könnten, dass es beim KSC einen halbwegs gewöhnlichen Alltag gäbe, bei dem auch wieder etwas Stadionatmosphäre zu schnuppern wäre und dass es auch schon das letzte Auswärtswochenende des Jahres werden sollte.

Also traf ich am Sonnabendmorgen, am für 9er üblichen Abfahrtsort, auf 6 gutgelaunte Gruppa Süd Boys und einen freundlichen Ehrengast im Mobil, der unter anderem bei der Musikauswahl später entscheidend ins Geschehen eingriff. Nur der Erfahrendste schien noch etwas schlecht gelaunt ob der frühen Stunde zu sein und benahm sich einigermaßen aggressiv. Hier sind 3 unwiderlegbare Fakten, die mich dazu bringen, eine solche Einschätzung seines Verhaltens am Morgen vorzunehmen:
1. Noch vor der Abfahrt bepöbelte er einen harmlosen Rentner, der lediglich gehupt hatte.
2. Noch vor der Abfahrt gab er, unfairer Weise, ausgerechnet dem niedrigsten Gruppamitglied einen üblen Stoß mit dem Ellenbogen in den Wanst.
3. Nach wenigen Kilometern, ich sah gerade Erholungsuchend aus dem Fenster, drehte er sich in völliger Rage urplötzlich um und drosch mit einer handelsüblichen Bierflasche auf meine Stirn ein.
Da wir all das nicht auf uns sitzen lassen konnten, mussten wir leider im weiteren Verlauf der Fahrt des öfteren ,als Rache anzusehend, Lieder aus der Vergangenheit anstimmen, die der besagte Herr nicht sehr gern hört. Aber wie – unter der Androhung des Totschlags – versprochen soll hier kein weiteres Wort über die Inhalte verloren werden.

Ich saß heute in der letzten Reihe, die nur mit den Alten besetzt war, was bedeutet, dass dort nur Gründungsmitglieder aus längst vergangenen Zeiten saßen. Im nachhinein vielleicht falsch, aber im akuten Moment hervorragend, griff ich nach einiger Zeit zur Motsche und erlaubte mir zu verschiedensten Hitmixen zusammen mit den Kumpanen der Rückbank einige Scherze. Das Ehrenmitglied, oder heute auch „B – U – S-Fahrer“, musste vermutlich ziemlich leiden, da die ausdrückliche Blasenschwäche zahlreicher Mitfahrer heute die Fahrt unter das Motto „Die nächste Raste ist unsere“ gestellt hatte. Sobald wir das Gefährt nach einer x-beliebigen Raste wieder bestiegen hatten, wurden sofort neue Motschen aufgemacht und das genannte Motto lautstark wiederholend verkündet. Zu der Musikauswahl ist zu sagen, dass sich Creme de la Creme und Widerliches ganz gut abwechselten. Merkwürdiger Weise konnte mein Hitmix in den CDs 1, 2 und 3 angeblich zunächst nicht laut gedreht werden, weswegen wir viel Ballermucke und Gothic hörten. Wiederum merkwürdiger Weise, nachdem von der Allgemeinheit anerkannt worden war, dass sich auf meinen CDs doch ein paar nette Bröckchen befanden, funktionierte das Radio wieder normal und konnte – fast ein bisschen zu – laut gedreht werden.

In Bochum angekommen tanzten wir etwas unter dem Dach der Kofferraumklappe unseres 9ers und wurden von einer türkischen Lederhandschuhgang skeptisch im vorbeigehen angegafft, bis zwei bekannte junge Damen aus Karlsruhe uns entdeckten und wir gemeinsam noch etwas – stilecht – am Neuner rumgammelten. Später gings zur Imbissbude (Pommes 1€) wo wir – unter den Blicken der bösen Einheimischen des Bierstandes auf der anderen Straßenseite- auf unsere Zugfahreratzen trafen, die schon einiges zu erzählen hatten und unter anderem eine ältere Dame auf dem Handy präsentieren konnten, die sie zum Freestylerap hatten überzeugten können.
Vor dem Stadion warteten wir dann auf die verspäteten Karlsruher Busse, dachten schon, > dort kommen die ersten <, aber nein, die Leute, die jene Straße entlang kamen waren die Bochumer! Welch Überraschung. Vorne weg ein Kollege mit Megafon und hinter her – wie man so schön im Fachjargon der deutschen Ultrasprache sagt – der Kindergarten. Hier kurz der Original – Dialog zum Nachspielen:
Ein paar Bochumer: „Na wat is los Ihr Scheissgelbfüssler?“.
Irgendwer von den Umstehenden: „Heißt das nicht > Gelbfüsser < ?“
Ein paar andere Bochumer: „Na wat is denn?“
Noch ein paar andere Bochumer (mit einem Blick, der verriet das sie einen gammeligen Pommesgeschmack mit abgelaufener Majo aufgestoßen hatten): „Na wat is?“
Ein Polizist: „Bitte gehen sie etwas zur Seite.“

Dann waren sie auch schon wieder weg. Soviel zum Thema Mobaction. Aber es ist schon mächtig wichtig „sich zu zeigen“…

Als die Karlsruher dann wirklich gekommen waren, gab es üblich herzliche Begrüßungsszenarien und Eintrittskarten, die wir sogleich benutzen wollten um ins Stadion zu gelangen. Dabei hatte ich vergessen, dass wir in Bochum waren und ich aus der Vergangenheit eigentlich hätte schon wissen müssen, dass bei den örtlichen Eingängen ein anderer Wind weht als in den meisten bundesdeutschen Städten. So gab es heute 2 (!) unglaublich schmale Eingänge, vor denen ewiglange Schlangen standen, weil es kaum voran ging. Fast jeder zweite musste seine Schuhe ausziehen und sich aufs peinlichste gründlich durchsuchen lassen. Als ich später – nach etwa einer dreiviertel Stunde Wartezeit und diese auch nur weil uns ein netter Armatakollege vorließ – im Block stand, hörte ich, dass trotzdem das Spiel gerade angepfiffen wurde, noch immer viele Leute draußen standen und es wohl auch Probleme mit Zaunfahnen gäbe (Auch das kannten wir aus dem letzen Jahr leider noch zu gut..).
Als viele Leute den Block verlassen hatten, ging ich hinterher um zu schauen, was vor sich ging und hörte schon, bevor ich um die Ecke kam, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Fußballfans kam. Um die Ecke gekommen sah ich, dass die Polizisten rabiat alle Leute in die Aufgänge der Blöcke drängten und legte sofort den Rückwärtsgang ein. So etwas hatten wir ja erst vor kurzem erlebt.

Klar, dass die gute Laune der Hinfahrt nun wie verflogen war. Ich hatte schon damit gerechnet, dass es in diesem Spiel überhaupt keine organisierte Stimmung mehr gäbe, doch raffte sich ein kleinerer Teil der aktiven Karlsruher Fanszene noch auf und sang für den KSC und seine so sympathische Mannschaft, die für den ganzen Mist wirklich nichts kann.
Auf dem Platz gab es von Anfang an eine ziemliche ausgeglichene Partie zu sehen, bei der die Bochumer zunächst nach 20 Minuten in Führung gingen, die Jungs in den schönen badischen Landesfarben jedoch nur wenige Minuten später ausgleichen konnten. Hajnal hatte einen Abpraller von Iashvilli verwandelt. In der zweiten Hälfte gab es ein ähnliches Bild, wobei der KSC für mich leichte Vorteile hatte. In der 56. traf mal wieder Basti Freis zur Führung, doch waren es diesmal die Bochumer, die nur 3 Minuten später wieder den Ausgleich schafften. Insgesamt wirklich ein gerechtes Unentschieden.

Nachdem Spiel verdünnisierten wir uns an der Bullenkette vorbei in die Bochumer Nacht und fuhren schnell gen Heimat, da am nächsten Tag ja mal wieder eine Auswärtsfahrt anstand. Stimmung kam im Neuner erst auf, als unser Fahrer Frank gekonnt und mit Trick 17 einen Stau bei Genthin, der einer Vollsperrung glich, umfuhr und der DJ – unser Ehrengast – Mozart auflegte. Mein lieber Scholli, habt Ihr schon mal 8 Fußballassis ein komplettes Mozartstück Partiturgenau grölen hören, so dass fast jedem dabei die Halsschlagader kurz vorm Platzen stand?? Ein einmaliges Erlebnis! Unglaublich, diese Mischung aus sinnlosem, asozialem, animalischem Verhalten und dem feinen Gespür für Kultur. Ein Dank geht an den Mieter und die beiden Fahrer, die insgesamt nur 2 Personen sind. Auf die nächste Tour!

Fazit: Trotz eines anderen Schauplatzes, stand das Spiel leider wieder im Hintergrund. Zum Glück heißt es heute, dass es auf beiden Seiten keine schlimmeren nachhaltigen Verletzungen gab.

kbk 2007