Hertha BSC – Werder Bremen 1:0 (03.03.2012)

      Kommentare deaktiviert für Hertha BSC – Werder Bremen 1:0 (03.03.2012)

Hertha BSC - Werder Bremen  041

Bericht von einem Hertha-Sieg

Bei der Gruppa Süd wird ein gesunder Kosmopolitismus gelebt. Das wussten wir ja schon vorher. Aber dieser Spieltag setzte dem ganzen doch noch einmal die Krone auf. Gegen 6 Uhr morgens erhielten ausgewählte Mitglieder des GSB-Ältestenrates geheime SMS von unserem langhaarigen Indianer, der auf dem Weg aus Indien (woher sonst) in sage und schreibe Abu Dhabi gestrandet war. Zitat: „Mein Flug nach Berlin hat 2 Stunden Verspätung. Wenn sich das nicht noch klärt schaffe ichs nicht zum Spiel..“. Kein Problem Alter. Wozu haben wir ein Spieltagsbuch mit mehreren parallel angeordneten Tabellenspalten? Also trug ich schnell in die Spalte unseres Nachfahren der First Nations ein „e“, für „entschuldigt“ ein, kaufte mir ein Hörnchen, drei Rosinienbrötchen, ein Malzbier und fuhr durch herrliche Sonnenstrahlen zum Stadion.
Mit Mikka war nicht zurechnen, da der sich samt seiner südländischen (okay, eher südbrandenburgischen) Flamme für X-Wochen ins sozialistische Paradies Kuba abgemeldet hat. Ich, psychosomatisch ein gebürtiger Ire mit viel schottischem Blut, traf mich mit dem Vollblutspanier und dem Paraguayer (was heutzutage nicht mehr das gleiche ist) und wir halfen noch vor der Stadionöffnung bei der Anbringung eines überdimensionalen Spruchbandes. Jetzt muss ich wohl gleich zu Hertha kommen, weil ich schon das Stadion und das Spruchband erwähnt habe?

Ach was einen Moment albere ich noch rum. Das Leben ist sonst schon ernst genug. Und übrigens, nur damit wir uns hier nicht falsch verstehen. Bei aller Übertreibung die hier scheinbar in diesen Zeilen mitschwingt, nicht eine einzige Aussage ist gelogen! Unsere Treuenbrietzener (auch ein besonderer Fleck unserer Welt!) Prachtschmerle hatte heute Geburtstag und war zur Feier des Tages mit Kater und Kotzreiz erschienen. Alles Gute Kumpel! Pawk hingegen röchelte erstaunlich wenig. Vermutlich liegt das an der inneren Vorbereitung auf den Auslandsaufenthalt in Neuseeland!? Hah, da geht’s schon weiter. Nennt mir einen Kontinenten auf dem es noch kein Gruppa-Mitglied gegeben hat? Antarktis. Gut. Das war nicht so schwer. Trotzdem ist es schon merkwürdig, wie wir uns so in der Weltgeschichte herumtreiben. Und toll wenn dann auch noch spitzenmäßige Aufnahmen herausspringen. So wie von Flo, der mit Gruppa-Schal einst neben einem Plantagenwächter (mit Maschinengewehr bewaffnet – so gehört sich das in manchen Gegenden Südamerikas) vor sich hingrinste, oder Donato Brazil seinerzeit, der sich mit BBHF-Logo (sagen wir mal) nackt mit Brasilianerinnen als Surfer ausgab. Und so weiter.. well done you.

Schön, nur sind dann auch mal die Reihen im Stadion etwas gelichtet und das auch noch gegen Bremen. Der alte Klassiker. Hertha-Bremen. Das ist doch ne gute Nummer! Die Sektion Saarland war ebenfalls nicht am Start und wäre nicht Verlass auf Dartfreund Mehmet, könnten wir bald alt aussehen. Oder werden wir etwa langsam wirklich alt? Da heißt es: noch gesünder leben und weniger aufregen.

Gut weniger aufregen ist schwer, jedenfalls wenn Du auch in diesen Tagen noch Herthafan bist. Was wir mit der Alten für Zeiten erleben geht ja langsam wirklich auf keine Kuhhaut mehr. Mich hat neulich Powder gefragt warum ich nicht mehr so übel austicke wenn Hertha verliert. Wohlgemerkt fragte er mich das, nachdem wir verpfiffen wurden und gegen Gladbach aus dem Pokal geflogen waren. Hmm.. Gute Frage. Früher neigte ich oft zur Gewalt gegen Gegenstände. Aber heute? Vielleicht hab ich mir schon einen zu dicken Panzer zugelegt? Oder ich habe begriffen, dass es wichtigeres im Leben gibt? Und, dass es die Trottel nicht wert sind? Eventuell lege ich mir das aber auch nur gerade so aus. Aber irgendwas musst Du ja auch machen. Wie sollen denn Niederlagen wie gegen Stuttgart oder Augsburg einfach so ertragen werden? Das geht doch nur über sorgsam eingeübte Gleichgültigkeit. Oder?

Und heute war es dann also seit vielen Monaten zum ersten Mal wieder so weit, dass Hertha gewonnen hat. Während um mich herum alles meckerte und die Spieler in Richtung Malabarküste (dort wächst der Pfeffer) wünschte, schoss Rukavytsya aus heiterem Himmel (mit Absicht?) das 1:0 gegen Bremens Fischköppe. Nicht schlecht. Alle, die eben noch gezetert hatten lagen sich nun jubelnd und schreiend in den Armen. Und ich wusste vor lauter eingeübter Gleichgültigkeit gar nicht mehr was ich mit mir anfangen sollte. Schnell zwei abcheckende Gesten mit umstehenden, damit ich nicht ganz so blöd da stand. Echt, ich hatte mir schon fast gewünscht, dass die Bremer nach dieser anstrengenden ersten Hälfte einfach möglichst schnell den Sack zu machen, wir dann ein Recht darauf haben sauer zu sein, nach Hause gehen und das Spiel vergessen können. Nun gut. Es kam anders. Und darauf war ich nicht eingestellt. Was soll ich jetzt machen? Mich wieder ganz vorsichtig auf Hertha einlassen? Oder ist das Risiko wieder enttäuscht zu werden einfach zu groß?

König Otto – ich darf es ja noch mal für die Geschichtsbücher fest aufschreiben: Otto Rehagel ist Trainer von Hertha BSC!! – wechselte klassisch Abwehrspieler für Stürmer ein und beschwor die Mannschaft zu mauern und das 1:0 über die Zeit zu retten. Und es hat geklappt.
Ob das auch am großen Spruchband gelegen hat? Also drauf stand: „Ihr habt Euer Versprechen gebrochen“ (im Oberring) „- Wir halten unser Wort!“ (unten). Gemeint waren die Gespräche nach dem Trainingsbesuch im Zusammenhang mit der Katastrophe von Stuttgart. Da hatten nämlich alle versprochen alles zugeben damit Hertha nicht absteigt. Und davon war nun in Augsburg aber auch wirklich gar nichts zu sehen gewesen..

Wie geht’s weiter? Lieber nicht darüber nachdenken. Lieber mit anderen Dingen weiter machen. Fahnen zusammenlegen, Trommeln und Beschallungshörner abbauen und sich dem Wochenende hingeben. In der S-Bahn, die mich in Richtung Romantik bringen sollte, war erst einmal alles verstopft mit Herthakutten der schärfsten Kaliber. Die waren gleichsam das komplette Gegenprogramm zu jedweder Vorstellung von Romantik. Ich weiß auch nicht. Eine Mischung aus „so anstrengend und ekelhaft, dass es nicht auszuhalten ist“ und „irgendwie typisch, irgendwie wie immer“. Zwei-drei haben sich erst mal richtig gekloppt bis das Blut aus den Köpfen spritze und dann waren sie doch wieder die besten Atzen. Übrigens haben zwei junge Asiatinnen die Szenerie gleich gefilmt. Warum auch nicht. Die Kutten derweil tranken fröhlich ihr Bier, wiederholten ihre ausformulierten Dummheiten und droschen munter auf die S-Bahn-Beleuchtung ein. Wie gesagt. Vor 15 Jahren wäre das auch nicht anders gewesen. Außer, dass es noch die alten S-Bahnen gab. Ich beobachtete die ganze Szenerie scharfsinnig und mit der nötigen Distanz. Tja, wozu bezahlen wir eigentlich so viel Geld für Theater-Vorstellungen??

Zum Abschluss ein Gruß an unser einzig wahres Zuhause: die Welt.

Fazit: Ich wiederhole es noch mal – Wir haben gewonnen! Immerhin.

kbk 2012