Borussia Mönchengladbach – Hertha BSC 0:3

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Zuschauer: 48.232

Ja, auch als Herthaner lebe ich ein Fanleben, das hin und wieder von absoluten Highlights geprägt ist. So große Highlights, dass sie mir das Gefühl geben, sie seien es wofür man sich Jahre lang abgerackert hat. Wofür sich all die Gurkenspiele, alle Rückschläge und nervigen Begebenheiten letztendlich doch irgendwie gelohnt haben. Unsere Touren der Blau-Weißen-Achse waren solche Highlights. Besondere große Spiele natürlich auch, wobei wir die meisten verloren haben. Sonst hätten wir ja auch mal nen Titel in unserer Zeit gewonnen. Ein solches großes Spiel war das Achtelfinale gegen den FC Bayern vor wenigen Tagen. Vom Ergebnis her rate ich allen das schnellstens zu vergessen! Mistkack!

Nun also das Auswärtsspiel am Niederrhein. Für uns als Gruppa stand seit einigen Monaten fest, dass das ein Highlight werden würde. Schließlich planten wir eine Jubiläumstour anlässlich unseres 15. Geburtstags. Keine Party o.ä. in Berlin. Ein ganz eigener Bus, mit einer Besatzung aus Mitgliedern, Ehemaligen und Ehrengästen. In der Form ein Novum. Als sich herausstellte, dass nur wenige GSB-Mitglieder nicht dabei waren, wurden die meisten von uns mächtig nervös. Das könnte echt ein ganz großes Ding werden.

Jetzt könnte man meinen: 15 Jahre Gruppa Süd, ist das ein Grund so groß aufzufahren?  Ein berechtigter Einwand. Denn: Wir sind keine famose Ultras-Gruppe. Wir sind keine große Gruppe. Wir waren viel zu wenig präsent in all den Jahren. Wir sind oft unsere eigenen Wege gegangen. Mit vielem konnten wir uns nicht (mehr) identifizieren. Unser Engagement für die Szene und den Verein hing eher an Einzelleuten von uns. Gerade über Leute die bei HB’98 waren. Viel zu oft kam da von der Gruppa gar nichts. Wie viele Leute von uns waren im letzten halben Jahr mal bei einem KSC Spiel? Wo uns die Freundschaften doch so wichtig sind!? Besonders für die Älteren liegen die Prioritäten heute teilweise wo anders. Das Leben steht nicht still und die Übernahme von Verantwortung für die eigene Familie/Beziehung ist eine besondere Herausforderung. Die meisten von uns sind keine 20 mehr. Dass es noch heute Leute gibt, die unsere Fahne bei jedem Spiel hochhalten liegt daran, dass auch innerhalb der Gruppa Einzelne mehr gegeben haben als der Rest. Ich könnte den Finger noch weiter in die Wunde legen. Insgesamt hatte die Gruppa immer das Potential „mehr“ zu sein (Gedanke von F.) und sie wurde es doch nie.

Huch, mit so viel Ehrlichkeit hättet Ihr in der Öffentlichkeit nicht gerechtet? Aber das ist eben auch eine Seite an uns. Wir stehen ehrlich zu unseren Überzeugungen, Schwächen und Folgen. Auch öffentlich, sonst hätten wir ja keine Homepage.

Und trotz allem ist es ein Wahnsinnsgefühl, zu sehen, dass es die Gruppa noch gibt und Leute mit Herzblut bei der Sache sind. Es gibt neue Leute und irgendwie nach 15 Jahren so etwas wie frischen Wind. Dafür danke ich Euch schon mal sehr Jungs! Erinnern wir uns an N.D.A. a.k.a. Sven Ottke der bei der 5-Jahres Feier in Neukölln als einziger Gast der GSB bei einer grandiosen Rede bezweifelte ,ob es einen zehnten Geburtstag geben würde.  Und es gab ihn doch! Und viele weitere geile Momente. Ich denke nur an unsere Floßfahrten und die traditionell sehr ausufernden Weihnachtsfeiern. Die Gruppa ist eben – und das ist auch die Verbindung zur Gründungszeit – vor allem ein Freundeskreis. Wie es weiter geht steht für mich persönlich offen. Aber es ist doch alles möglich. Auch die Weiterentwicklung zu einem „mehr“, was ich cool fände.

Los ging’s für unseren Bus zusammen mit den anderen Szenebussen am sehr sehr frühen Morgen im wilden Westen von Berlin. Es sollte vor Mönchengladbach noch eine Kneipe angesteuert werden. Kann man wieder viel drüber diskutieren. Ich fand’s nicht toll, aber es war auch ein Zeichen an die Szene heute keine eigenen Wege zu fahren. Ich hoffe das ist angekommen. Im Vorfeld hatte das GSB Reisekomitee gute Arbeit geleistet. Allem voran wieder einmal M.M.  Unfassbare Vorarbeit! Die älteren Gruppisti nahmen im Hinterbus Platz. Wobei der erste Fehler gemacht wurde: Viel zu wenig Bier im Bus. Ich dachte halt nachts um 02:00 Uhr schlafen erstmal alle und ließ die Kästen im Bauch des Busses. Schön blöd! Ich knackte mir ein Radler und stieß mit Venants Mische an. Ich bekam noch die wunderbaren Ansagen von M.M.  am Bus-Mikro mit und das nächste war der Halt in N. Heller Sonnenschein am Vormittag. Die Hälfte des Busses gut angesoffen und der Chat voller Horrorbilder auf denen ich schlafend zu sehen bin.  Scheint ja ne tolle Hinfahrt gewesen zu sein.

Flieses Mutter hatte Kartoffelsalat in großer Menge zubereitet. Powder und co. kellnerten durch den Bus. Unser Busfahrer musste jetzt schlafen (auf jeden Fall!) und wir auf die Öffnung der Kneipe warten, in der es später( klassischer Weise beim Spiel gegen den VFL) Kölsch gab. Schmeckt immer noch wie schlammpfützenverdünntes Benzin.  Ich hörte mir belustigt TV-Geschichten von Maren (Hoopen) an und amüsierte mich über die Nachfrage eines mir unbekannten Herthaners: „Ist das Euer Bus in dem es frei Suff und Essen gibt?“ „Ja, der Gruppa Süd Bus“, antwortete ich. Und er so: „Ich hab alles falsch gemacht.“  Dass das ein Einladungsbus war kam glaub ich nicht mehr bei ihm an. Währenddessen arbeitete Vecchio Tymoschtschuk, der heute mal wieder mit dabei war, stetig für die Nominierung der Auszeichnung des „Tagesvollsten“. Ich bin versucht zu sagen  „wie früher“. Bei den Geschichten kam man kaum mit. Die hübsche Spanierin war Franco Anhängerin!?  Der neue Fatih Akin soll gut sein? Da kamen Powder und Fever (übrigens zwei Gründungsmitglieder) mit ihrem Bier-Rondell nicht hinterher.

Venant telefonierte ohne Pausen und lief dabei die Straßen auf und ab. Kein Wunder, dass er genau in dem Moment verschwunden war, als der Mob zum Bahnhof aufbrach. Nun erklär dem Mal am Telefon welchen Weg er nehmen soll, wenn Du ihn selbst nicht kennst. Und wieder war es M.M. – dem man seine 2-3 Flaschen Wilthi nicht anmerkte – der mit moderner Technik alles regelte. So kam Venant mit seiner erworbenen Eisteeflasche gerade rechtzeitig zum Bahnhof und wir fuhren mit der Regionalbahn durch tristeste Gegenden, die sogar bei hellem Sonnenschein grau-braun waren. Nee Leute, hier kriegen mich keine 10 Pferde (warum eigentlich 10 Pferde?) hin. Im Übrigen hatten wir bis hier her (offenbar)  keine Bullen am Arsch, wie man in der Szene zu sagen pflegt. Die großen Rowdys waren wir nicht, nicht mal das Schwarzfahren hat geklappt, da die Eintrittskarten gleichzeitig Fahrkarten waren. Die lokale Presse sollte hier heute keine Schlagzeilen finden. Es sei denn es geht um Tierfreunde. Maren hatte nämlich im Zug Bekanntschaft mit einem Papagei geschlossen. Ich sag mal so: Hund und Katze können alle! In Mönchengladbach angekommen ging es mit blaulichtbegleiteten Shuttlebussen durch noch mehr Grau bis wir das bekannte Stadion auf dem Feld erreichten. Warum hab ich bloß den Bökelberg verpasst!?

Für das heutige Spiel hatten wir überlegt, wie wir das ganze angehen wollen. Bald war klar, dass wir eine größere Aktion nicht gebacken bekommen.  So taten wir das, was uns immer wichtig war: Blau-weiße Fahnen schwenken, Doppelhalter hochhalten, supporten.  Auch wenn unser Tifo in den letzten Jahren Höhen und Tiefen hatte, heute wollten wir an gute Momente anknüpfen. Vor ein paar Wochen wurden ein paar neue Utensilien gemalt, die heute zum Einsatz kommen sollten. Dazu hatten wir unsere GSB-Heimfahne mitgenommen und standen als Gruppe mit unseren Bus-Freunden zusammen während des Spiels hinter der Fahne. Schon ein besonderes Gefühl.

Und nun komme ich endlich zum Spiel. Wir hatten ein kleines Tippspiel zur heutigen Partie organisiert. Beim groben Überblick ging es eigentlich nur darum wie hoch Hertha heute gegen die beste Heimmannschaft der Welt verlieren würde. Wie oft man die dämliche Scooter-Tormusik hören müsste. Wie viel Suff auf der Rückfahrt vernichtet werden müsste, um den Tag trotz Niederlage weiter feiern zu können. Ha Ho He und Blick aufs Feld. Wie schon zu vermuten war, spielte Gladbach offensiv und hatte bald 1-2 gute Chancen. Umso überraschender war die plötzliche Führung für uns durch Kalou nach einer halben Stunde. Was für ein Torjubel! Mit 0:1 ging es in die Pause. Gute Laune und ne Bratwurst ohne Bezahlkarte. Mir läuft jetzt schon wieder das Wasser im Mund zusammen. Zweite Halbzeit: Und was nun passierte war einfach unfassbar. So Herthauntypisch! Wir treffen zum 0:2 (Duda) und 0:3 (Selke) und der vermeintliche Dortmundjäger Gladbach sieht keinen Stich! Wann haben wir eigentlich zuletzt in Gladbach gewonnen? Ich weiß es nicht. Wahnsinn, einfach nur Wahnsinn.

Abpfiff und der verbliebene Rest des Heimanhanges machte sich schnellstens auf den Weg in sämtliche Himmelsrichtungen (Phänomen Gladbachfan). Übrig blieben nur die Gladbacher Ultras und  der Berliner Haufen, der jetzt – wie man es von Berlinern kennt – ganz schön die Klappe aufriss. Eigentlich eine charmante Situation so ein Battle zwischen den Szenen ohne all die Sitzplatzkonsumenten, Werbung und Stadionmucke. Eigentlich – denn ich finde in Sachen Kreativität haben wir nachgelassen. Okay „Wir fahrn nach Haus, ihr müsst hier wohn“ kam noch ganz gut. „Zigeuner“ und frauenfeindliche Gesänge gehen für mich aber gar nicht klar und ich bin froh, dass das die Gruppa Leute um mich herum genau so sahen. Etwas mehr Selbstreflexion wäre hier wünschenswert, egal wie groß die Rivalität zum Gegenüber ist. Begleitet von lauten „Haut ab“ Rufen der Berliner, packten die Gladbacher Ultras schließlich zusammen und verließen das Stadion. Und wieder hatten die Blau-Weißen das Gefühl hier heute als Sieger rauszugehen. Dazu muss man sagen, dass die Nordkurve während des Spiels einen extrem schlechten Eindruck hinterließ. Sehr selten zu hören, wenig Beteiligung/Tifo zu sehen. Vom vermeintlichen Aufwärtstrend der hiesigen Szene konnte ich heute nichts wahrnehmen. Für mich bleibt die Heimkurve äußerst unsympathisch.

Aufgrund der Lenkzeiten standen die Busse noch etwas im Käfig am Gästeblock. Zeit für den Großteil da weiter zu machen, wo man vor dem Spiel aufgehört hatte: Alkohol trinken. Ich zog mir derweil ein neues T-Shirt an. Nein, nicht weil ich mich schämte nach ca. 16 Stunden mit der Gruppa wie ein Iltis zu stinken. Nein, die Ansage lautete vor der Fahrt: Hinfahrt in den ältesten Gruppa-Klamotten, Rückfahrt in der neusten Kollektion. Drangehalten hat sich meinem Eindruck nach nur einer: Ich.

Auch Tymoschtschuk schleppte seinen müden Körper in den Bus und fiel prompt in einen stundenlangen Dornröschenschlaf. Ob der Titel damit verspielt war? Venant kam plötzlich auf die Idee einen Freund (?) in Duisburg zu besuchen und verabschiedete sich in Richtung der Shuttlebusse. Wochenendausklang in Duisburg – da würden mir bessere Freizeitaktivitäten einfallen. Anstelle von Venant betrat nun Ralf vom FP unseren Bus und bekam gleich eine Boom-Box an den Sitz geklebt. Wenig später hieß es dann „Gruppa und das Fanprojekt – eine Rückfahrt die nie vergeht“ (auf die Melodie von „Englishman in New York“).  Wir waren kaum auf der Autobahn, da fiel der GSB Futschi-Fraktion auf, dass die Wilthener fast aufgebraucht waren. Tja, die Jugend trinkt zu wenig Bier!? Begleitet von großem Jubel fand nun die große GSB Tombola statt. Master M.M.  bewies seine Entertainerqualitäten, ließ sich jedoch nicht zu einem „Mops“ hinreißen. Die Party verlagerte sich nun in den Vorderbus, wo einige sympathische HfA Fighter (gut, die Wortwahl ist vielleicht etwas übertrieben) mit unseren Jungschen anfingen alle möglichen Lieder auf „Rune Jarstein“ Lobeshymnen umzudichten. Bei einem Zu-Null-Sieg in Gladbach absolut berechtigt. Spätestens die Umdichtung von „Will Grigg’s on fire“ war dann der volle Erfolg. „Rune Jarstein! Your attack is terrified! Rune Jarstein!“ Der Mob tanzte von vorne nach hinten durch den Bus und wieder zurück, sang aus voller Kehle und konnte – natürlich – nicht genug kriegen. Rewind! Mittendrin Powder, manchmal genannt „Don Quallé“, der angeblich seit 48 Stunden wach war. Bleich wie der Mond, kippte er Bier nach Bier und sprang wie ein Flummi durch die Masse. Schön mit anzusehen. Ya dancer!

Ich verfolgte das Geschehen von meinem Platz aus und dröselte irgendwann  zufrieden mit der Welt ein bisschen weg. Zwischen LKW-Zapfsäulen (wo sonst?) wurde noch ein Gruppenbild geschossen. Danke an Fritze in Panama für den Hinweis – wir hätten es vielleicht wirklich vergessen. Entgegen unserer Erwartungen hatte die Rückfahrt dann irgendwann am frühen Sonntagmorgen doch ein Ende. Beim Aufräumen fiel auf, dass der große Sack mit den besten Auswärtsessen (vgl. Bremen Away Bericht) noch nicht leer war. Okay die öligen Sprotten waren aufgebraucht, aber Cabanossi, Gummibärchen und allerhand Krempel war noch ungeöffnet vorhanden. Da im einzigen Auto vor Ort kein Platz mehr war, sollte die Tüte einfach stehen bleiben. Geht eigentlich gar nicht. Also sind Powder und ich zu ein paar Obdachlosen in der Gegend gegangen und haben gefragt, ob sie die Sachen haben wollen. Sie wollten. Dafür verpasst man die Ringbahn (die die anderen kriegten) doch gerne. In der S-Bahn fiel mir dann auf wie verstrahlt alle aussahen. Die Hauptstadt war auch wieder voll im Party Modus. Drei aufgedonnerte Partymädels kramten erstmal unter den Augen der Bahnsicherheit nen weißen Edding vor und hinterließen ein paar Taggs auf dem Boden. Jetzt platzte den moralistischen Ordnungsdeutschen natürlich der Kragen: „Würdet Ihr das zuhause auch so machen?“ Das ist dann immer die Argumentation. Warum nicht mit „ja“ antworten? War jedenfalls ne gute Show und ersetzt RTL vollkommen. Schade, dass am Ende immer die Ordnungsmacht gewinnt.  Beim Umsteigen sehe ich noch wie ein Herthaner versucht an einen Antifa-Aufkleber ranzukommen um diesen abzureißen. Alles ganz normal unpolitisch.

Zuhause ging es zähneputzend unter die Dusche und ab ins Bett. Schlafen schlafen schlafen, während da nicht die Tausend Bilder der Fahrt in meinem Kopf, die mich einfach nicht einschlafen ließen. War echt ne großartige Tour Leute! Wenn es irgendwie möglich ist, wünsch ich mir mehr davon.

(Fotos: Maks)

15 Jahre lange Haare! 15 Jahre Gruppa Süd!

KBK*19

 

2 thoughts on “Borussia Mönchengladbach – Hertha BSC 0:3

  1. Kühe, Schweine, Süddeutschlaaand

    Schade, dass ich erst jetzt, nach all den Jahren, eure Hompage entdecke. Weltklasse! Bleibt, so wie ihr seid und bitte allen anderen noch ein paar Jahre erhalten.

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